Endstation Seestadt

Der See, nach dem das Stadtentwicklungsgebiet benannt wurde: Seit Juli ist das Baden hier offiziell erlaubt. Der See selbst ist 50.000 Quadratmeter groß, daneben liegen weitläufige Parks und Spielplätze
Stadtplanung der Superlative: 20.000 Menschen leben künftig in Aspern. Hält das Projekt, was es verspricht?

Die Versprechen waren nicht eben bescheiden: Urbanes Flair, viel Grün, wenig Verkehr und leistbare Wohnungen soll die Seestadt Aspern bieten. Mehr als 3000 Menschen zogen bereits ein. Bei einem Lokalaugenschein ging der KURIER der Frage nach: Wie lebt es sich in der Seestadt tatsächlich? Steht der neue Stadtteil eher für Endstation – oder für Sehnsucht?

Erster Eindruck: Die halbe Stunde, die die Anreise aus der Innenstadt dauern soll, ist optimistisch bemessen. Während der dreiviertelstündigen Fahrt wähnt man sich zuweilen eher auf der Ostbahnstrecke als im Urbanen. Doch die Fahrt lohnt sich, denn angesichts der Hitze klingt die Destination Seestadt allemal verheißungsvoller als Hütteldorf oder Alt-Erlaa.

Und tatsächlich liegt er direkt neben der Endstation: der See, der Abkühlung verspricht. Seit Juli ist das Baden erlaubt, die Seestädter bevölkern Strand und Liegewiesen. So etwa Sabine und Christian, die vor drei Monaten von Tirol nach Wien zogen. Warum gerade nach Aspern? "Na, wegen dem See", erwidert die 23-Jährige und lacht. Die Lebensqualität sei hoch, die Nahversorgung gut, das Verhältnis zu den Nachbarn ausgezeichnet.

Sommerliche Impressionen

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Lesen am Seeufer

An der Seepromenade existiert erst ein Geschäft: die Buchhandlung "Seeseiten". Leben viele Leser in der Seestadt? "Auf jeden Fall", bejaht Buchhändlerin Bettina Wagner. "Es sind zahlreiche Menschen mit höherer Bildung hergezogen." Das Geschäft laufe bisher sogar besser als erwartet.

Zudem etablierte sich die Buchhandlung bereits als Treffpunkt: "Viele kommen her, trinken Kaffee und unterhalten sich", erzählt Wagner. Tatsächlich betreten an diesem Abend ständig Kunden den Laden: Beachtlich, angesichts der Hitze in der Seestadt – und eines Sees als Konkurrenten vor der Türe.

Ein paar Häuserblocks weiter – zwischen Baustellengittern, blütenweißen Fassaden und noch braunen Grünflächen – findet sich der "Seestadt-Bäcker Leo". Für ein Interview habe sie keine Zeit, sagt die Kellnerin. Ob das Geschäft gut laufe? Sie zuckt mit den Schultern: "Nicht so gut wie vorgesehen. Aber das ist nur meine Meinung."

Weniger der Umsatz als die Nachbarn bereiten Trafikantin Sigrid Barany Kopfzerbrechen. Sie lebt und arbeitet in der Seestadt, und oft leide sie unter Lärm: "Wenn Kinder im Sommer bis 22 Uhr im Freien spielen – meinetwegen. Aber dass sie um Mitternacht immer noch schreien müssen?"

Außerdem hätten einige Mieter Müll neben die Tonnen geworfen. Ausländerfeindlich sei sie nicht, versichert die Trafikantin. "Aber ich glaube, das mit der sozialen Durchmischung war keine gute Idee." Sie höre gar von Bewohnern, die – obwohl erst eingezogen – deshalb wieder wegziehen wollen.

"Zusammenhalt klappt super"

Vor der Trafik geht Peter-Paul spazieren. Der Student ist von der Seestadt begeistert: Jeden Abend gehe er mit seinem Hund zum See. Ob er von etwaigen Problemen wisse? "Ich habe mal gehört, dass es was mit Lärm gab. Aber ich finde, der Zusammenhalt klappt super."

Vor einem Lokal um die Ecke sitzen mehrere Architekten: Sie informieren sich über die Seestadt, da sie selbst Gebäude für den sozialen Wohnbau entwerfen.

Nicht alle Häuser seien architektonisch gelungen. "Unser erster Eindruck: Das ist eine Filmkulisse und die Leute sind Statisten", sagt einer. Ob die Seestadt in Zukunft eher für Sehnsucht oder für Endstation stehen wird? Die Architekten wollen noch kein endgültiges Urteil fällen: "Es ist wohl zu früh, um das tatsächlich zu beurteilen."

Kolumne: Hier geht es zum "Stadtspaziergang" in der Seestadt.

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