AKH

Notruf der Notfallmediziner

40 Rettungspatienten müssen die AKH-Notfallmediziner täglich versorgen. Vor zehn Jahren waren es laut Sterz maximal 15 pro Tag.
Die Masse der Rettungspatienten ist kaum mehr zu bewältigen. Dabei wäre jede zweite Fahrt vermeidbar.

Fritz Sterz ist mit seiner Geduld am Ende. In einem von seiner Anwältin verfassten Brief hat sich der Vizechef der Uniklinik für Notfallmedizin jetzt an die Ärztliche Direktion des AKH gewandt, um auf die dramatische Personalsituation auf seiner Abteilung hinzuweisen. Die "Aufrechterhaltung einer gesetzeskonformen Patientenbetreuung" sei "nicht mehr möglich", heißt es darin unverblümt.

"In den letzten 25 Jahren ist die Zahl der Patienten an unserer Abteilung von 23.000 auf 80.000 pro Jahr angewachsen. Nach wie vor haben wir aber nur 28 Ärzte", sagt der renommierte Notfallmediziner zum KURIER. "Seit Jahren weisen wir darauf hin, werden aber einfach ignoriert."

Notruf der Notfallmediziner
Als einzige Abteilung verfüge man über keine Schreibkräfte: "80 Prozent meiner Zeit verbringe ich mit dem Schreiben von Arztbriefen und dem Ausfüllen von Formularen." Nur der Routine der Kollegen sei es zu verdanken, dass keine Patienten zu Schaden kommen.

Zu schaffen macht Sterz vor allem die rasante Zunahme an Rettungszufahrten. "Pro Jahr sind es derzeit mehr als 14.000, vor zehn Jahren waren es höchstens 5500", rechnet Sterz vor. "In anderen Wiener Spitälern ist die Situation noch dramatischer."

Rettung als Taxi

Dabei könnte die Hälfte der Rettungspatienten außerhalb des Spitals versorgt werden. "Immer wieder werden an den Wochenenden Patienten etwa mit Durchfall zu uns gebracht, für die hoch qualifizierte Rettungssanitäter Taxi-Transport spielen müssen", ärgert sich Sterz. "Sie könnten genauso gut – und vor allem deutlich kostengünstiger – von einem praktischen Arzt behandelt werden." Aufgrund der geringen Bezahlung finden sich aber immer weniger Mediziner, die in den Nachtstunden oder am Wochenende als Ärztefunkdienst unterwegs sein wollen. Sie müssen sich mit einem Stundenlohn von knapp 39 Euro zufrieden geben. Seit Jahren kämpft die Ärztekammer um eine Aufstockung auf 100 Euro (der KURIER berichtete).

Dringend reformiert gehöre laut Sterz auch das EDV-System, das die Zuweisung von Rettungsfahrten auf Spitäler steuert. "Sie müssten viel besser aufgeteilt werden. Derzeit kommt es immer wieder vor, dass plötzlich ein Pulk von zehn Autos vor unserer Türe steht." Sterz fordert daher, dass der diensthabende Oberarzt bei Engpässen das Anfahren von Rettungsautos stoppen darf.

Mängel im Zuweisungssystem bestreitet man bei der Wiener Rettung dezidiert: "Das System zeigt genau an, wo Kapazitäten frei sind. Es werden nur Spitäler angefahren, die auch welche haben", betont ein Sprecher.

Zumindest in den vergangenen drei Jahren sei die Gesamtzahl der Einsätze der Wiener Berufsrettung konstant geblieben. Schon beim Anruf des Patienten versuche man zu klären, ob er ins Spital oder zum Ärztefunkdienst gehöre. "Natürlich gibt es dabei auch Streuverluste", räumt der Sprecher ein. Deshalb habe man im Sommer eine Aufklärungskampagne für Patienten gestartet.

Im Rahmen der Gesundheitsreform analysiere man auch die Rettungsfahrten nach möglichem Reformpotenzial, heißt es aus dem Büro von Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ). Offen bleibt, wann die Ergebnisse vorliegen.

Bleibt noch das Problem der fehlenden Kanzleikräfte auf der Notfall-Abteilung: Seitens des AKH werde man sich das im Detail ansehen, sagt man im Büro Wehsely.

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