Ärzte-Dienstzeiten: "Es wird keine Nachverhandlungen geben"
KURIER: Die Ärztekammer-Kurie hat am Donnerstag keine Einigung über das neue Dienstzeiten-Modell erzielen können. Haben Sie mit einem derart großen Widerstand innerhalb der Ärzteschaft gerechnet?
Sonja Wehsely: Ich habe die Ärztekammer immer als stabilen Partner erlebt, möchte mich aber nicht in Kammer-Interna einmischen. Wichtig ist, dass jetzt Ruhe einkehrt und wir die Zeit verwenden, um zu informieren. So wie es der Ärztekammer-Präsident auch gesagt hat.
Anfang März werden die KAV-Ärzte über das Paket abstimmen. Was passiert, wenn sie es ablehnen?
Es wird keine Nachverhandlungen geben. Die gesetzlich vorgeschriebene Verkürzung der Arbeitszeit müssen wir umsetzen, und das ist auch gut. Wird das vorliegende Paket abgelehnt, würden die Ärzte an Einkommen verlieren, weil es dann keine Erhöhung der Grundgehälter gibt. Das ist nicht mein Ziel, und sicher auch nicht jenes der Ärztekammer. Es gab zuletzt von allen Seiten falsche und zu wenige Informationen zu der Vereinbarung. Daher verstehe ich auch den Unmut der Ärzte. Jetzt geht es darum, die Inhalte des Pakets genauer zu kommunizieren. Ich gehe davon aus, dass es der Kammer gelingen wird, die Ärzte zu überzeugen.
Abseits vom höheren Gehalt: Warum sollen die Ärzte dem Paket zustimmen?
Das Paket bringt flexiblere Arbeitszeiten, weniger Arbeit in der Nacht, Urlaub für die Facharzt-Prüfungen, Freistellungen für die Fortbildung und vieles mehr.
Besonders irritiert die Ärzte der geplante Abbau von 382 Dienstposten. Vor einem Jahr haben Sie in einem KURIER-Interview Personalabbau noch ausgeschlossen. Warum haben Sie Ihre Meinung geändert?
Der Krankenanstaltenverbund hat nicht seine Meinung geändert, aber die Rahmenbedingungen sind andere. Wir müssen ein Ärzte-Arbeitszeit-Gesetz umsetzen, das der Nationalrat im Herbst auf Vorgabe der EU beschlossen hat. Ob es sinnvoll war, dass er nur eine Frist von sechs Wochen für die Umsetzung eingeräumt hat, ist eine andere Frage.
Diese Änderung war im Vorjahr noch nicht absehbar?
Die EU-Richtlinie wurde zehn Jahren lang nicht umgesetzt. Dass der Bund sie jetzt plötzlich umsetzt, war für Wien nicht vorhersehbar.
Die Arbeitszeit wird verkürzt, gleichzeitig werden Stellen und Nachtdienste abgebaut. Wie soll da die bestehende medizinische Versorgung noch aufrechterhalten bleiben?
Die bestehende medizinische Versorgung bleibt aufrecht, weil es einen schrittweisen Prozess bis 2018 gibt. Es wird auf jeder Abteilung geschaut, welche Leistungen, die derzeit wegen der bestehenden Dienstzeiten in der Nacht erfolgen, künftig auf den Nachmittag verlegt werden können. Wir werden also eine stärkere Tages- und eine schwächere Nachtpräsenz haben. Bereiche, wie etwa Notfall-Aufnahmen, sind davon aber ausgenommen.
Das allein ermöglicht bereits einen Personalabbau?
Es werden auch die Strukturen angepasst. Ein Beispiel: Es wird etwa bettenführende Notfall-Aufnahmen geben, wo die Patienten über Nacht untergebracht sind. Auf den Stationen gibt dann keine Aufnahme mehr und man benötigt weniger Personal.
Angesichts der geplanten Reduktion der Nachtdienste: Hatten die Ärzte bisher während der Nacht zu wenig zu tun?
Nein. Aber unser bisheriges Entlohnungsschema war nicht fair. Der Nachtdienst war ein ganz relevanter Teil des Einkommens. Das wird jetzt geändert. Dazu kommt: Es gibt Abteilungen, in denen in der Nacht nur wenige akute Fälle anfallen. Trotzdem muss der Nachmittagsdienst auch in der Nacht dableiben. Bisher war es nicht möglich, für jede Abteilung maßgeschneiderte Dienstpläne zu erstellen. Künftig wird das anders sein.
Zwischen 5. und 8. März werden die 3200 Ärzte der Wiener Gemeindespitäler darüber abstimmen, ob sie dem neuen Gehalts- und Arbeitszeitmodell annehmen.
Die Reform wurde nötig, weil seit Anfang Jänner Spitalsärzte nur mehr durchschnittlich 48 Stunden arbeiten dürfen. Wien will diese Vorgabe mit einer Reduktion der Nachtdienste umsetzen. Stattdessen sollen mehr Ärzte tagsüber präsent sein.
Der Ausgang der Abstimmung ist völlig ungewiss, denn die Ärzteschaft ist in ihrer Haltung zur Reform massiv gespalten. Das zeigte die Ärztekammer-Kuriensitzung am vergangenen Donnerstag. Dabei hätte an sich die Empfehlung beschlossen werden sollen, bei der Abstimmung für das Paket zu stimmen. Doch dazu kam es nicht, die Sitzung musste vertrag werden.
Wiens Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres, der das Dienstzeit-Modell mitverhandelt hat, geht weiter davon aus, dass die Urabstimmung mit einem Ja für das Paket endet. Sollte sie allerdings negativ ausgehen, gelte auch seine Unterschrift unter der mit der mit der Stadt getroffenen Vereinbarung nicht mehr, betont der Ärztekammer-Chef.
Rechtlich bindend ist das Abstimmungsergebnis allerdings nicht. Theoretisch könnte die Stadt das Paket auch ohne Zustimmung der Ärzte umsetzen.
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