Warum es zum Sofi-Event kaum Schutzbrillen gab

Warum es zum Sofi-Event kaum Schutzbrillen gab
Viele Partys, auch im KURIER. Doch Deutschland lieferte zu wenige neue Brillen. Augenverletzte in Spitälern.

Ein ähnliches Naturschauspiel kann in Österreich erst wieder 2021 bewundert werden. Dementsprechend groß war das Interesse unserer Leser. Aber nicht nur die Dachterrasse des KURIER-Medienhauses in Wien-Döbling mutierte an diesem Freitag zu einem der Beobachtungszentren in Österreich (siehe Bericht unten). In ganz Österreich gab es zahlreiche Sofi-Events, als um 10.45 Uhr der Mond zu 63 Prozent die Sonne bedeckte.

Wirklich gut vorbereitet war Österreich auf dieses Schauspiel aber nicht. Besonders die heiß begehrten Finsternis-Brillen waren in den Tagen vor der Finsternis nicht verfügbar. Erwin Stella, Vize-Fachgruppenobmann der Optiker, organisierte bei der letzten Sonnenfinsternis 1999 die Schutzbrillen für Österreich: "Damals hatten wir zwei Millionen Brillen." Dieses Mal sei nur ein Bruchteil geliefert worden. Laut des ehemaligen Zeiss-Managers brach heuer in Deutschland eine Hysterie aus. "Und somit blieb für unseren Markt wenig über. Es waren keine Produkte mehr lieferbar." Nicht einmal die vier deutschen Groß-Planetarien konnten mit Brillen aushelfen. Parallel dazu sorgten die Streiks beim Online-Riesen Amazon für Lieferengpässe.

Stella weiter: "Bei Optikern gingen noch am Mittwoch Bestellungen ein. Darunter waren auch Schulen. Zeitlich mitdenken sollten die Verantwortlichen bei Bestellungen schon." Der Sprecher des Stadtschulrates, Matias Meissner, ortete keinen Handlungsbedarf: "Wir können nicht 670 Wiener Schulen mit Brillen ausrüsten."

Augenschäden

Also blieb den meisten Österreichern an diesem Tag nur der riskante Blick ohne geeigneten Augenschutz. Viele, wie auch Bundespräsident Heinz Fischer und Physiker Werner Gruber, holten ihre alten Finsternisbrillen aus dem Jahr 1999 hervor. Trotz der Unterversorgung mit Brillen hielt sich die Zahl der Patienten mit Augenschäden in Wien in Grenzen. Das AKH meldete Freitagnachmittag drei Fälle, im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder gab es einen Verdachtsfall (mehr dazu in "Erste Augenschäden nach Sonnenfinsternis").

50 KURIER-Leser wandelten auf den Spuren von Astronom Kopernikus und drängten sich um die Okulare der Fernrohre. Der wolkenfreie Himmel bot einen lupenreinen Blick auf die Sonnenfinsternis. Während eine Stunde vor Beginn des Himmelsspektakels die Astronomen gerade ihre Geräte aufbauten, kamen schon die ersten Leser auf die KURIER-Dachterrasse. „Es ist ja auch spannend zu sehen, wie so ein Teleskop aufgebaut wird“, schmunzelt Leserin Karin Semikin.

Die Experten Reinhard Tlustos und Franz Tatarek von der Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie hatten ein Teleskop und einen stark vergrößernden Fernstecher dabei, durch die sogar die Oberfläche des Mondes in Umrissen zu erkennen war.

Besonders beeindruckt und interessiert zeigten sich die Schüler der vierten Klasse des Polgar-Gymnasiums. „Die Schüler sind schon vor mehreren Wochen an mich herangetreten und wollten sich die Sonnenfinsternis anschauen“, erzählt Lehrerin Margit Rohdmann.

Alles ausgebucht Beinahe wäre dieser Wunsch der Klasse aber unerfüllt geblieben, denn fast alle Plätze in Wien, an denen am Freitag Teleskope aufgebaut wurden, waren im Vorfeld längst ausgebucht. Noch jünger als die Gymnasiasten war nur die kleine Caroline aus Wien, die mit ihren Großeltern gekommen war. Trotz ihres zarten Alters von erst fünf Jahren wusste Caroline schon gut Bescheid: „Es ist zwar keine totale Finsternis, aber ich habe das ja noch nie gesehen. Ich freue mich schon, wenn dann das Kipferl am Himmel zu sehen ist.“ Was das Mädchen am meisten beeindruckt hat? „Das Durch-das-Fernrohr-Gucken war toll!“
Auch Ottilie Ebner fand Gefallen an dem Spektakel: „Die letzte Sonnenfinsternis hab’ ich im Weinviertel bei meinem Sohn erlebt, diesmal am KURIER-Dach – was kommt wohl als Nächstes?“, lacht sie.

Der KURIER hat die Sonnenfinsternis live getickert. Hier geht's zur Nachlese.

Warum es zum Sofi-Event kaum Schutzbrillen gab
Margit Rohdmann, Wien:„Die Klasse ist schon vor Wochen auf mich zugekommen, mit dem Wunsch, die Sonnenfinsternis beobachten zu dürfen. Ich bin ihre Physiklehrerin, und das passt natürlich sehr gut in das Themengebiet. Als in unserer Schule bekannt wurde, dass wir zum KURIER gehen, waren die anderen Klassen neidisch.“
Warum es zum Sofi-Event kaum Schutzbrillen gab
Jamie
Jamie Granzella, Colorado/USA: „Das ist meine erste Sonnenfinsternis. Bisher kannte ich so etwas bloß aus Schulbüchern. Umso toller ist es, hier dabei zu sein. Zum Glück bin ich gerade als Austauschschülerin in Österreich; in den USA könnte ich dieses Spektakel heute nicht miterleben. Eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte.“
Warum es zum Sofi-Event kaum Schutzbrillen gab
Karin Semikin, Wien:„Wir waren die Ersten, die in der Früh gekommen sind. Es war interessant zu sehen, wie die Teleskope aufgebaut wurden. Als ich von der Aktion gelesen habe, wollte ich sofort dabei sein. Ich erinnere mich noch an die Finsternis 1999. Das war sehr beeindruckend und ich wollte so ein Spektakel noch einmal erleben.“
Warum es zum Sofi-Event kaum Schutzbrillen gab
Caroline und Peter Kikal, Wien:„Ich wollte dieses Ereignis mit meinem Enkelkind gemeinsam erleben. Obwohl Caroline erst fünf Jahre alt ist, interessiert sie sich auch schon dafür. Eigentlich bin ich kein großer Astronomie-Fan. Wenn man aber im Vorfeld in den Medien darüber liest, kommt man doch auf den Geschmack.“

„Meine Damen und Herren! Noch dreiiiii Minuten, dann ist das Maximum erreicht!“

Professor Werner Gruber, bestens bekannter Physiker der Science Busters, versteht es, sein Publikum kurz vor 10.45 Uhr zu animieren. Zu dieser Zeit schob sich am Freitag bekanntlich der Mond zwischen Erde und Sonne. Mehrere Hundert Personen haben vor dem Planetarium der Wiener Urania zusammengefunden, um beim Public Viewing zur Sonnenfinsternis dabei zu sein. Professor Gruber hat für sein Publikum eine Camera Obscura aus einem gewöhnlichen Kartonrohr und Alufolie gebaut. Daneben wurde ein Teleskop des Planetariums aufgestellt.

Manche Zuschauer waren am Freitag schon kurz nach 9.30 Uhr recht aufgeregt: „Wie geht das? Was passiert jetzt?“, fragt eine Frau, sichtlich nervös. Gruber: „Es wäre schon einmal viel einfacher, das zu erklären, wenn Sie vom Fernrohr weggehen würden.“ Kurze Zeit später, hatte die „Sofi“ ihr Maximum erreicht: „Ist das nicht geil?“, fragt Gruber. Und das Beste: „Der Himmel hat sich nicht verdunkelt, der Strom ist nicht ausgefallen, Menschenopfer waren keine notwendig.“ Das Publikum applaudierte.

Auch beim Public Viewing der Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie auf dem Maria-Theresien-Platz vor dem Naturhistorischen Museum haben sich Hunderte Interessierte eingefunden. Viele brachten Rettungsdecken mit, um sich vor den starken Sonnenstrahlen zu schützen. Dass etwa in Streifen geschnittene und übereinander gelegte Röntgenbilder nicht ausreichend Schutz bieten, war manchen Besuchern nicht klar. Erstaunlich viele hatten aber noch die Brille zur Sonnenfinsternis aus dem Jahr 1999. Auch Professor Werner Gruber. „Funktioniert noch tadellos“, sagte er.

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