Flutwelle trifft Niederösterreich an der Donau mit voller Wucht

Melk, NÖ, Hochwasser
Orte entlang der Donau kämpften gegen die Wassermassen. Die Pegelstände näherten sich bedrohlich den Rekordwerten von 2002. Häuser standen unter Wasser, Menschen mussten fliehen.

Die Donau stieg und stieg. Die gewaltige Flutwelle wälzte sich entlang der Donau und erreichte Sonntagabend Niederösterreich. Gemeinden entlang des Stromes wurden zum Katastrophengebiet erklärt. Zahlreiche Orte standen unter Wasser. Die Lage spitzte sich am Montag weiter zu.

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„Mir reicht’s jetzt. Wenn das Hochwasser vorbei ist, ziehe ich ins Trockene“, klagte Günter Kranabitl aus Emmersdorf am Montagmorgen. Das Wasser hatte den kleinen Donauort gegenüber von Melk schwer getroffen. Feuerwehrmänner fuhren mit Zillen durch den Ort und holten die Menschen aus ihren Häusern. Die meisten nahmen die Flut aber relativ gelassen: Tun könne man ja eh nichts, hörte man die Emmersdorfer sagen. „Ich lasse jetzt mein Haus absaufen, dann wasche ich es“, sagte ein Mittvierziger.

Flutwelle trifft Niederösterreich an der Donau mit voller Wucht
APA13043862-2 - 03062013 - EMMERSDORF - ÖSTERREICH: ZU APA 0021 CI - Das überflutete Emmersdorf bei Melk aufgenommen am Montag, 3. Juni 2013. Nach den heftigen Regenfällen in Österreich ist es zu Überschwemmungen gekommen. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER

Schwer getroffen wurde auch das nahe Marbach. Aus der Bundesstraße wurde ein reißender Fluss. „145 Häuser stehen unter Wasser, an 50 kommen wir nicht heran“, sagte Ortschef Anton Gruber. Die Menschen hätten in die oberen Stockwerke flüchten müssen. „Es ist wirklich ganz schlimm.“

Hoffnungsschimmer

Das Land rüstete sich für ein 100-jährliches Hochwasser. Montagmittag gab es dann einen kleinen Hoffnungsschimmer: „Wir liegen jetzt leicht unter der Prognose“, sagte Niederösterreichs Landesrat Stephan Pernkopf nach der Sitzung des Landeskrisenstabes. Im Zentrum der Beratungen in der Landeswarnzentrale in Tulln stand der gesamte Donauraum mit besonderem Augenmerk auf der Wachau. Bei Redaktionsschluss keimte die Hoffnung auf, dass die Rekordmarken des Jahres 2002 doch nicht erreicht werden.

Verkehrschaos

Die Flutwelle rollte von Westen nach Osten durch das Donautal. Im Bezirk Amstetten konnten Feuerwehren mit 20.000 Sandsäcken gerade noch verhindern, dass der zum reißenden Fluss mutierte Erlabach das Stadtzentrum von St. Valentin völlig überschwemmt.

Zu den gesperrten Straßen gestellte sich noch ein internationales Verkehrsdilemma. Im Bereich Aschbach war die Westbahn überschwemmt worden. Die ÖBB stellten den Zugverkehr zwischen Amstetten und St. Valentin ein. Tausende internationale Fahrgäste mussten bis Montagvormittag im Bahnhof Amstetten in Busse umsteigen.

Besonders angespannt war die Lage in Markt Ardagger. Dort wurde befürchtet, dass der Donaudamm für das Hochwasser zu niedrig ist. Dann stünden auch dort rund 30 Gebäude unter Wasser.

Altstadt unter Wasser

In Melk stieg das Wasser in der Altstadt weiter. Ein Seniorenheim wurde evakuiert. Am Hauptplatz stand Kaffeehausbesitzer Markus Mader und blickte mit sorgenvoller Miene um sich. „Im Keller haben wir schon Wasser, das Lokal werden wir mit allen Kräften gegen die Flut verteidigen.“

Im Ort wurde Montag hektisch evakuiert. „Wo ist mein Bus?“, fragte ein Engländer die Einsatzkräfte am Melker Hauptplatz. Die konnten nur zur Donau zeigen. Der Chauffeur hatte das Fahrzeug dort geparkt, wo jetzt meterhoch das Wasser steht. „Wir konnten den Bus nur noch mit Seilen festzurren. Sonst wäre er in der Donau zum Torpedo geworden“, sagte ein Feuerwehrmann.

Flutwelle trifft Niederösterreich an der Donau mit voller Wucht
APA13038498-2 - 03062013 - KREMS - ÖSTERREICH: ZU APA 0042 CI - Ein Blick auf die Stadt Krems hinter mobilem Hochwasserschutz entlang der Donau am Montag, 3. Juni 2013. Nach den heftigen Regenfällen kommt es nun auch entlang der Donau in Ostösterreich zu Überflutungen. APA-FOTO: ROLAND SCHLAGER

Krems-Stein bereitete sich seit Sonntagnacht auf das Schlimmste vor. Der mobile Hochwasserschutz ist auf eine Maximalhöhe von 10,8 Metern ausgelegt. Bereits in der Nacht zum Montag forderte Bürgermeister Reinhard Resch seine Bürger auf, ihre Habseligkeiten aus den unteren Geschoßen in Sicherheit zu bringen und die Autos zu entfernen.

Feuerwehrleute und freiwillige Helfer füllten seit den frühen Morgenstunden Sandsäcke. „Mein Zuhause ist hochwassersicher. Daher bin ich nach Stein gekommen, um zu helfen“, sagt der 60-jährige Franz Doppler.

Gespenstische Ruhe

In Spitz in der Wachau herrschte Montagvormittag fast gespenstische Ruhe hinter den mehr als drei Meter hohen Schutzwänden. Besonders im Ortsteil Hinterhaus, der bisher immer als erster überflutet wurde. „Die Schutzwand wird sicher ausreichen“, hofften die Brüder Josef und Walter Nothnagl. Aus der Werkstatt konnten sie nur die teuren Maschinen ausräumen. Den Rest ließen sie drinnen – im Vertrauen auf das neue Schutzbauwerk.

Auch in Klosterneuburg und im Ortsteil Kritzendorf stehen seit Sonntag Siedlungen entlang der Donau unter Wasser. Johann Mayer wurde gerettet: „Dass es so schlimm wird, damit haben wir einfach nicht gerechnet.“ Auch bei der Textilfirma Müller in Kritzendorf bangt man: „2002 haben wir 1000 Tonnen Stoff verloren. Das wird uns heuer nicht mehr passieren“, sagt Franz Müller. Die Firma hat einen Schutzwall errichtet, trotzdem rechnet Müller damit, dass das Wasser in das Gebäude eindringt.

Gegenüber in Korneuburg überflutete die Donau die Werft-Siedlung. Die Behörden ordneten die Evakuierung an. 60 Kinder, Frauen und Männer mussten in Windeseile ihre Habseligkeiten packen. Mit Zillen wurden die Menschen in Sicherheit gebracht. Am Nachmittag stand das Wasser rund einen Meter hoch in der Siedlung und stieg weiter.

Auch im Bezirk Bruck a.d. Leitha rüstete man sich. In Bad Deutsch Altenburg und Hainburg wurden vorsichtshalber Sandsäcke verlegt.

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