Mordprozess Kührer: Staatsanwalt und Verteidiger im Clinch

Mordprozess Kührer: Staatsanwalt und Verteidiger im Clinch
Verteidiger Rifaat zweifelt an einer wichtigen Belastungszeugin und holt sich Schelte.

Einer jungen Frau kommt im Prozess um den Tod Julia Kührers aus Pulkau eine besondere Bedeutung zu. Es geht um Alexandra W., die mit Julia Crystal Meth konsumiert haben soll. Auf ihre Aussage stützt sich die Anklage. Denn der Lieferant des Gifts soll der Angeklagte Michael K. gewesen sein.

Doch Verteidiger Farid Rifaat zweifelt an der Glaubwürdigkeit der Frau. Jedem Zeugen wurde seit Mittwoch ein Foto der Frau vorgelegt – erst eine erkannte sie wieder. Und jede ihrer Aussagen wird Satz für Satz hinterfragt.

Die Einvernahme gipfelt schließlich in einem emotionalen Wortduell zwischen dem Verteidiger und Staatsanwalt Christian Pawle. Denn Rifaat findet einige Unstimmigkeiten – speziell was die Zeitabstände angeht. Und er macht aus seinem Verdacht keinen Hehl: „Galten Sie schon in der Jugend als Lügnerin?“, fragt er Alexandra W.. Der Staatsanwalt reagiert prompt: „Ich beantrage, die Befragung zu beenden.“ Rifaat wiederum beantragt, die Protokolle von Alexandra W. zu verlesen und tadelt den Staatsanwalt. Pawle wehrt sich und fordert Richter Helmut Neumar auf, die Beleidigungen der Staatsanwaltschaft zu beenden.

Euphorisch

Was hat die Juristen so in Rage gebracht? Alexandra W. schilderte, wie sie Kührer auf dem Schulhof kennen gelernt hat. Irgendwann habe man dann über Drogen gesprochen. Auch über Crystal Meth. „Das macht dich selbstbewusst, euphorisch. Da bist du dann eine ganz andere“, erzählt sie. Das habe sie und Kührer verbunden. Niemand sonst sei eingeweiht gewesen. Und bekommen hätten sie das Pulver von K. – in der Videothek und bei ihm daheim.

Wie sie zu K. nach Dietmannsdorf gekommen sei, will Rifaat wissen. Eine weitere Unstimmigkeit taucht auf. Einmal will sie mit dem Bus gefahren sein, bei einer anderen Aussage mit einem Burschen, der ein silbernes Auto hatte.

„Wissen Sie noch, was sie damals getan haben?“, wehrt sich die Zeugin. „Ich weiß zumindest, ob ich mir Suchtgift mit dem Bus oder dem Auto besorgt habe“, erklärt Rifaat. Der Ton wird rauer. Der Richter mahnt zur Contenance.

Michael K. bevorzugt dunkelhaarige Frauen. Das ist bekannt. Am Donnerstag sagten seine ehemaligen Liebschaften im Landesgericht auf. Mit intimen Details sollte ein Bild vom Angeklagten gezeichnet werden.

Jene Ex-Freundin, die im Sommer 2006 – als Julia Kührer verschwand – ein Seitensprung-Verhältnis mit dem Angeklagten hatte, bescheinigt ihm die Gabe eines „Zuhörers“, der Frauen damit um den Finger wickelte. In einer Aussage vor der Polizei nannte sie ihn einen „Gschichtldrucker“. Auch die Chefin einer Partneragentur kommt zu Wort. An sie wandte sich der Angeklagte am 14. Juni 2006. „Jünger, dunkelhaarig, schlank und zierlich“: Das waren seine Wünsche. Und denen kam man nach. „Wir haben fünf Frauen vermittelt“, erzählt die Agenturchefin. Allerdings: Zwei Damen beschwerten sich danach. Einer soll K. die Geldbörse gestohlen haben, die andere beschreibt ihn als „alles andere als ein Gentleman“.

Auch Eva H., die mit ihm vor 30 Jahren eine Beziehung hatte, war keine Entlastungszeugin. Das Verhältnis endete damit, dass er sie in seiner Wohnung einsperrte und sie mit einer Pistole bedrohte.

Eine ehemalige Praktikantin aus der Videothek erinnert sich: „Zu Mädels war er prinzipiell pervers.“Auch ihr, sie war damals 16, hätte er auf die Brust gegriffen. Ein anderes Mal spielte er an seiner Hose herum und forderte sie auf: „Hilf mir doch!“ Richter Neumars Resümee über das Praktikum: „Na da haben's was gelernt fürs Leben.“

Am Nachmittag kommt Rudolf T., der Nachbar, der Kührers Überreste im Keller fand, zu Wort. Er habe es schon lange geahnt, sich aber nie alleine hineingetraut. Die Geschichte mit dem Hund und dem Ball – so war die ursprünglich Version der Auffindung – hätte ihm die Polizei nahegelegt. Und die Prämie über 30.000 Euro habe er gespendet.

Kommentare