"Das ist ärger als die Saualm"

"Das ist ärger als die Saualm"
Lokalaugenschein im Südburgenland. Mindeststandards für Quartiere gibt es noch nicht.

Die bereits geschlossene Asylwerber-Unterkunft auf der Kärntner Saualm wurde zu einem Synonym – für eine menschenunwürdige Unterbringung von Flüchtlingen. Montagvormittag im südburgenländischen Redlschlag schlägt eine Journalistin die Hände über dem Kopf zusammen, als sie das Quartier betritt: "Das ist ärger als die Saualm", sagt die Redakteurin, die den Vergleich kennt.

19 der 23 Flüchtlinge befinden sich seit Donnerstag im Hungerstreik. Die Männer sind verzweifelt, wie sie dem KURIER erklären. Gestreikt werde wegen der Qualität der Unterbringung und weil die Verfahren zu lange dauern würden.

"Das ist ärger als die Saualm"
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Zehn Monate lebt Khalid Moubaid in der Pension. Die Türen bleiben dem jungen Syrer wortwörtlich verschlossen. Als er die Badezimmertür öffnen will, klemmt diese und lässt sich nur mit Brachialgewalt öffnen. Moubaid bietet den Besuchern Platz auf einer zerschlissenen Couch an, die nachts als Bettlager dient. "Es ist schrecklich hier. Wir bekommen nur wenig Essen. Obst gibt es fast nie", schildert der 24-Jährige.

Am Sonntag wurden dem KURIER von der "Plattform Bleiberecht" Bilder der Unterkunft zugespielt. Darauf sind Wände zu sehen, die von Schimmel befallen sind.

"Das ist ärger als die Saualm"
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Der Quartiergeber kann die Aufregung nicht verstehen. "Ich habe die Pension seit sieben Jahren und wurde immer wieder von der Behörde kontrolliert."

Harald Lipphart-Kirchmeir vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl kam am Montag persönlich nach Redlschlag. "Wir sind dazu angehalten, Asylverfahren binnen sechs Monaten abzuwickeln." Es sei zu Verzögerungen bei Verfahren gekommen, die man "so schnell wie möglich beheben werde".

Mindeststandards

Menschenwürdige Unterkünfte für Asylwerber sind in Österreich nicht die Regel. Das ergaben Recherchen von Dossier, einer Initiative von Jungjournalisten – der KURIER berichtete. Seitdem wird um einheitliche Mindeststandards gerungen.

In einer Arbeitsgruppe einigten sich Vertreter des Ministeriums und der Länder auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner. Was Flüchtlingen zugestanden wird, ist alles andere als feudal: Fünf Personen pro Zimmer; zeitlich limitiertes Warmwasser; ein WC für zehn Personen usw.

"Kann-Bestimmungen"

Klaus Schwertner, Geschäftsführer der Caritas Wien, bemängelt die fehlende Verbindlichkeit. "Das sind viele Kann-Bestimmungen." Überdies sei die Qualität der rechtlichen und sozialen Beratung sowie von Therapien gar nicht erwähnt.

Auf dem Papier gab es einen Konsens, in der Abstimmung nicht. Wien und das Burgenland zogen nicht mit. Sie fordern eine Abstimmung in der Konferenz der Landesreferenten für Flüchtlinge. In Wien stößt man sich auch daran, dass der Katalog nur für neue und nicht für bestehende Unterkünfte gelte.

Für Wolfgang Hauptmann, Leiter des Referates für Grundversorgung in der burgenländischen Landesregierung, würde man Mindeststandards jetzt schon erfüllen. "Laut einem Bericht der UNHCR gibt es im Burgenland zwar Mängel, aber keine gravierenden." Die Pension im Südburgenland habe bereits den Auftrag erhalten, Renovierungsarbeiten durchzuführen.

Die Referenten tagen das nächste Mal im Sommer. Das Bundesministerium trägt laut einem Sprecher "den Entwurf vollinhaltlich mit" und hat die Standards für seine Einrichtung "gültig erklärt."

Asyl in Österreich

Ob jemandem Asyl zusteht, entscheidet der Bund. Die Unterbringung unterliegt nach der Zulassung zum Asylverfahren den Ländern.

Der Bund steuert 60 Prozent bei, die Länder den Rest. Pro Tag kostet die Unterbringung pro Person 19 Euro.

22.048 Asylwerber waren 2013 in der Grundversorgung.6602 Asylwerber wurden in Wien untergebracht.

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