Architektur mit Biss

Architektur mit Biss
Viel Platz zum Grillen und eine beheizte Theke unterm Dach: Schuberth und Schuberth Architekten haben den Würstelstand neu interpretiert und in der Wiener Innenstadt zeitgemäß umgesetzt.

In unmittelbarer Nähe zum Wiener Stephansdom, zwischen dem eleganten Geschäftsportal des ehemaligen Braun & Co und dem Anker-Haus von Otto Wagner platzierten die Architekten Gregor und Johanna Schuberth einen neuen Imbissstand. Zum Goldenen Würstel nennt sich die noble Bude, die am Wiener Graben Ecke Spiegelgasse vor Kurzem Position bezog und mit leuchtenden Lettern auf sich aufmerksam macht. Aber auch die Fassade zieht die Blicke auf sich und gibt schon von Weitem einen eindrucksvollen Blick auf die Grillplatte frei.

Die Neuinterpretation des Würstelstands sollte nicht nur Nachtschwärmer ansprechen, sondern auch alteingesessene Kunden glücklich machen. Deshalb ging man bei der Materialwahl besonders behutsam vor. Damit die moderne Architektur Bezug zur Umgebung aufnehmen und sich nahtlos in das historische Stadtbild einfügen kann, setzten die Planer auf einen starken Mix verschiedener Werkstoffe. Um den gesamten Baukörper, dessen Form von einem Ticket-Häuschen von Carlo Scarpa in Venedig inspiriert ist, laufen mäanderartig Rahmen aus schwarzem rauhen Stahl und gold-glänzendem Edelstahl. "In den Flächen wird der goldene Edelstahl dann matt und mit einer leichten Struktur verwendet", erklärt Johanna Schuberth.

Architektur mit Biss
Mit großer Detailvielfalt ist es gelungen, das Goldene Würstel von jeder Seite anders aussehen zu lassen. Grünliches, hinterleuchtetes geschichtetes Glas zum Graben hin stellt eine Referenz an die Grünspandächer der Umgebung dar. Auf der Rückseite ist ein Lochmuster in die schwarze Türe eingelasert. Den Tresen schmückt weißer, marmoratiger Kunststein. Schuberth: "Weißer Marmor hat immer etwas sehr hygienisches und wird im Süden oft für Fischmärkte eingesetzt".

Neben kulinarischen Genüssen bietet der Stand auch allerhand technische Schmankerl: Das Pult etwa ist beheizbar, so dass man sich die Käsekrainer auch im Winter entspannt schmecken lassen kann. An heißen Sommertagen sorgt hingegen eine Sprühnebelanlage für Abkühlung. "Das hat es vorher noch bei keinem Würstelstand gegeben", sagt Schuberth.

Architektur mit Biss
Weniger offensichtlich ist all die Technik, die im Inneren verbaut ist. Kühlaggregate, Lüftung, Heizung, Mülleimer, Elektroleitungen sind so untergebracht, dass sie von Außen nicht sichtbar sind. "Das war für alle Beteiligten eine sehr herausfordernde Aufgabe", schildert Schuberth. "Vor allem auch, weil wir an einem sehr engen und belebten Ort hantieren mussten. Ein Würstelstand wird zwar immer in der Schlosserei zusammengebaut und dann fix und fertig vor Ort angeliefert, aber alleine die Anlieferung durch einen Sondertransport ist in der Fußgängerzone eine sehr heikle Sache."

Mit dem Goldenen Würstel liefern die Architekten bereits ihren vierten Entwurf dieser Art. Den Anfang machte der Bitzinger am Albertinaplatz im Jahr 2008, mit dem Design am Würstlstand erstmal Einzug hielt. Schon bald folgten weitere Dependancen im Wiener Prater und der Innenstadt. Was den Reiz an ihrem jüngsten Projekt ausgemacht hat? Schuberth: "An so prominenter Lage mit Blick auf den Stephansdom entwerfen zu dürfen ist schon etwas sehr Besonderes. Das kommt in einer Laufbahn wahrscheinlich nicht allzu oft vor."

Zum Goldenen Würstel, Spiegelgasse 2, 1010 Wien

www.schuberthundschuberth.at

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