„Vögel, die wir hier seit Jahren nicht gesehen haben, sind plötzlich zurück. Manche Insekten und Pflanzen wurden überhaupt zum ersten Mal nachgewiesen und auch die Pferdeherde hat sich stark vermehrt“, zieht WWF-Projektleiter Michael Stelzhammer Bilanz. Die mittlerweile 25 Ponys grasen auf 76 Hektar ab, was ihnen je nach Saison schmeckt. Manchmal halten sie sich am Wasser auf, manchmal traben sie zu ihren Unterstellplätzen. Sie scharren im Boden nach Wurzeln, drängen sich durchs Gestrüpp, wälzen sich in der Wiese. Und hinterlassen Rossäpfel, die 31 Dungkäfer-Arten satt machen.
„Wir haben uns sehr bewusst für die direkten Nachfahren der Europäischen Wildpferde entschieden“, sagt Jurrien Westerhof vom WWF. Die Grasfresser sorgen im Gegensatz zu Mähmaschinen, die alles über einen Kamm scheren, für ein buntes Mosaik an Lebensräumen. Nicht nur die Kleine Beißschrecke, die sandige Wälzmulden schätzt, profitiert davon. „Von der winzigen Westlichen Dornschrecke sind drei Fundorte in Österreich bekannt. Einer ist die Weide in Marchegg, dort, wo die Pferde im Schlamm zum Trinken gehen“, sagt Zuna-Kratky. Die Grüne Strandschrecke wiederum findet feuchte Stellen zum Fressen nächst trockenen für die Eiablage vor. Weite Sprünge sind dafür nicht nötig.
Auch die Fressfeinde der Insekten sind Nutznießer; Vögel halten sich am üppigen Angebot schadlos. Vor allem aber schaffen ihnen die Pferde nebenbei Verstecke, Jagd- und Brutmöglichkeiten. Das Ergebnis: Allein auf der Weidefläche wurden 68 Vogelarten gesichtet, darunter seltene wie Wendehals und Wiedehopf. Nicht zuletzt gehören Störche zu den Gewinnern: „Sie brauchen ein kontinuierliches Nahrungsangebot. Gibt es keine Urzeitkrebse und Frösche, sind Insekten eine interessante Beute“, sagt Zuna-Kratky. Rund um Mitteleuropas größte baumbrütende Weißstorchkolonie erfasste der Ökologe deshalb vor allem in Trockenperioden relativ wenig Schrecken.
Es gibt viele Gleichgewichte im Paradies am Nebenfluss der Donau. „Die Pferde haben nicht nur einige wenige Arten gefördert, sondern viele verschiedene“, sagt denn auch Florian Schneider. Der Naturschutzbiologe im Storchenhaus Marchegg hat die Vegetation in dem speziellen Refugium unter die Lupe genommen. Durch den Appetit der genügsamen „Pferdchen“ entwickeln sich hier niedrige Rasen genauso wie hochwüchsige Wiesen. „Das Klebrige Hornkraut ist ganz unscheinbar. Um sich durchzusetzen, ist es auf eine Störung angewiesen, z.B. auf einen Pferdetritt“, erklärt Schneider. So ein Abdruck ist auch Chance für das gefährdete Kleinblütige Schaumkraut. Dank tierischer Hilfe konnte sich der konkurrenzschwache Kreuzblütler wieder etablieren. Insgesamt bietet die Weide rund 50 bedrohten Pflanzenarten Lebensraum, darunter der Orchideen-Weiderich.
Während sich die Flora vergleichsweise langsam verändert, ist es in der Fauna zu einem sprunghaften Anstieg an Arten und Individuen gekommen. Beispiel Heu- und Fangschrecken: Vor fünf Jahren waren 27 Arten in den Auen unterwegs, heute singen hier 41.
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