Wind bläst Tonnen von Mikroplastik bis in die Arktis
Der Wind kann winzige Plastikteilchen über weite Distanzen transportieren, selbst in entlegene Gebiete wie die Arktis. Das zeigt ein internationales Forscherteam mit österreichischer Beteiligung in einer im Fachjournal Nature Communications veröffentlichten Studie.
Den Berechnungen zufolge gelangen so jährlich rund 140.000 Tonnen Mikroplastik allein aus dem Straßenverkehr in die Ozeane.
Der Straßenverkehr gilt als bedeutende Quelle für Kunststoffpartikel. Zuvor durchgeführte Berechnungen zufolge gelangen durch den Reifenabrieb global durchschnittlich 0,8 Kilogramm pro Kopf und Jahr in die Umwelt - in Summe sind dies 6,1 Mio. Tonnen oder knapp zwei Prozent der gesamten weltweiten Kunststoffproduktion.
Dazu kommen noch weitere 500.000 Tonnen durch den Verschleiß der Bremsbeläge.
Die Emissionen dieser kleinsten Partikel durch den Straßenverkehr machen damit laut Nature rund ein Drittel der gesamten globalen Belastung durch Mikroplastik aus.
Das Gros davon stammt aus dicht besiedelten Regionen in den USA, Nordeuropa und den stark verstädterten Gebieten Südostasiens.
Erste Modellberechnung der globalen Ausbreitung von Mikroplastik
Andreas Stohl vom Department für Meteorologie and Geophysik der Universität Wien hat gemeinsam mit seinen Kollegen vom Norwegian Institute for Air Research (NILU) und dem Internationalen Institut für Angewandte System Analyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien die erste Modellberechnung der globalen Ausbreitung von Mikroplastikteilchen aus dem Straßenverkehr durch den Wind durchgeführt.
Dem zufolge landen rund 100.000 Tonnen Partikel kleiner als 10 Mikrometer aus dem Reifenabrieb und weitere 40.000 Tonnen Partikel dieser Größe aus dem Bremsverschleiß in den Weltmeeren.
Speziell die kleineren Partikel von weniger als 2,5 Mikrometer können dabei vom Wind über sehr weite Strecken transportiert werden. In dieser Größenordnung sind das rund 52.000 Tonnen aus dem Reifen-, und weitere 16.000 Tonnen aus dem Bremsverschleiß - in Summe also 68.000 Tonnen von Partikel kleiner als 2,5 Mikrometer.
"Von den insgesamt 140.000 Tonnen vom Wind verblasener Mikroplastik aus dem Straßenverkehr werden rund 48.000 Tonnen an schnee- und eisbedeckten Flächen abgelagert", erklärte Stohl gegenüber der APA.
Dunkle Partikel können dazu führen, dass die Eismasse schneller schmilzt
Davon betroffen ist vor allem die Arktis inklusive dem Meereis, aber saisonal zum Teil auch Flächen außerhalb der Arktis in hohen Breiten.
Diese Ablagerungen seien für die generell empfindlichen Ökosysteme in der Region und möglicherweise auch für die Gesundheit der dort lebenden Menschen bedeutsam, so Stohl.
Zudem können dunkle Partikel dazu führen, dass die Schnee- und Eismassen schneller schmelzen, da sie die Menge des von der Erdoberfläche reflektierten Sonnenlichts ("Oberflächen-Albedo") verringern.
Ein ähnlicher Effekt ist durch die Ablagerung von Ruß in der Arktis bekannt.
Während sich bisherige Studien vor allem dem Transport von Mikroplastik über Flüsse in die Ozeane gewidmet haben, konnten die Forscher in der aktuellen Studie die große Bedeutung des Transports von Mikroplastik durch die Atmosphäre nachweisen.
Die vom Wind transportierten Mengen seien in einer ähnlichen Größenordnung wie die geschätzte Gesamtmenge an Mikroplastik, das direkt oder über die Flüsse in den Ozean gelangt - rund 64.000 Tonnen pro Jahr, schreiben die Wissenschafter in ihrer Arbeit.
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