Wildkatze - Hauskatze: Wege und Gene kreuzen sich selten

Europäische Wildkatzen sind extrem scheu.
Seit 20.000 Jahren streift die Europäische Wildkatze zwischen Spanien und der Türkei, von Schottland über Österreich bis Sizilien durch die Laub-, Misch- und Auwälder. Auch entlang von Küsten und am Rand von Sumpfgebieten führt das extrem scheue Raubtier ein verstecktes Dasein.
Vor rund 2.000 Jahren bekam Felis silvestris Gesellschaft. Die Römer – so wird vermutet – brachten die domestizierte Falbkatze aus Afrika über den Nahen Osten in ihre Heimat; die Hauskatze breitete sich rasch über den ganzen Kontinent aus. Optisch unterscheiden sich die nur entfernt Verwandten kaum.
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Nun wollte ein internationales Forscherteam wissen, ob es zwischenartlich Seitensprünge gab. Paläogenetiker gewannen also 48 aktuelle Proben sowie Erbmaterial von 258 Haus- bzw. Wildkatzen, die vor bis zu 8.500 Jahren lebten; die Überreste der Tiere stammten von archäologischen Fundstellen.
Die Genanalysen brachten erstaunliche Ergebnisse.
Sie zeigten, dass Felis silvestris und Felis catus in der Regel eine Paarung vermieden. Bis heute lässt sich die Abstammung der meisten modernen Hauskatzen zu weniger als zehn Prozent auf wilde Exemplare zurückführen.
Speziell für Schottland ergab eine ergänzende Studie allerdings, dass die vom Aussterben bedrohten Wildtiere vermehrt fremd gingen. Unter Druck steigt die Rate der Kreuzungen rapide.
In Österreich sollte Hybridisierung kein Thema sein: Hauskatzen und -kater mit Freigang müssen seit 2005 kastriert sein. Streuner wiederum besetzen eine andere ökologische Nische als die Europäische Wildkatze. Diese gilt als eine der seltensten heimischen Säugetierarten.
Für Wildkatzen in Österreich liegen keine genauen Zahlen vor
„Genaue Zahlen zu nennen, ist ganz heikel“, sagt Christine Sonvilla. Die Biologin, Fotografin und Filmemacherin, die ein Buch über „Europas kleine Tiger“ geschrieben hat, verweist auf vereinzelte Populationen.
Demnach gelang den bis zu 65 cm großen und sieben Kilo schweren Vierbeinern in Niederösterreich Anfang der 2020er-Jahre ein Comeback mit Nachwuchs, nun zeichnet sich in Kärnten ein zweiter Hotspot ab. Einzelne Sichtungen liegen für die Steiermark, das Burgenland, Oberösterreich, Vorarlberg und zuletzt im November 2022 für Tirol vor.
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Ab Mitte des vorigen Jahrhunderts hatte vor allem intensive Bejagung die Spezies hierzulande auf die Rote Liste gebracht.
„Wir wissen nicht, ob die Europäische Wildkatze bei uns als Minirelikt überdauert hat oder durch Zugezogene“, sagt Sonvilla. Seit 2008 wird jedenfalls versucht, den Bestand systematisch zu erfassen. Dazu werden Pflöcke mit Baldrianwurzeln und -extrakt versehen. Der unwiderstehliche Duft lockt die Wildkatzen an, sie reiben sich am sägerauen Holz. Haare, die dabei hängen bleiben, werden genetisch ausgewertet und liefern Informationen über Tierart, Herkunft und Geschlecht.
Fotofallen alleine reichen nicht. Der optische Unterschiede zwischen Felis silvestris und Felis catus ist selten eindeutig.
Die bis zu 65 cm großen, sieben Kilo schweren Raubtiere haben im Gegensatz zur kleineren Hauskatze einen sehr buschig Schwanz, mit schwarzen, getrennten Ringen und einer stumpfen, schwarzen Spitze. Die Tigerung ist eher verwaschen, der Aalstrich am hinteren Rücken schmal. Sichtungen an wildkatze@naturschutzbund.at melden.
Um Sichtungen zu überprüfen, kommen mitunter Spürhunde zum Einsatz. Die Nasenarbeiter sind speziell auf das Auffinden von Wildkatzenkot trainiert.
Grünkorridore eröffnen den Raubtieren Lebensräume
"Der beste Schutz für die Raubtiere, die eine wichtige Rolle im Ökosystem spielen, ist im Prinzip der Lebensraumschutz“, sagt die Expertin. Darüber hinaus spricht sich Sonvilla für die Pflanzung von Büschen aus. Diese schaffen Grünkorridore und vernetzen potenzielle Lebensräume, das ermöglicht schließlich auch den Austausch von Erbgut.
Drahtgitterzäune, die beim Überklettern zur tödlichen Falle werden können, sollten durch Holzgatter ersetzt werden.
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Eine Verdrängung der Wildkatze durch Hauskatzen wie in Schottland fürchtet die Biologin nicht. Auch die Studienautoren argumentieren sinngemäß: Einzelgänger und Gesellschaftstiger finden nur selten zusammen.
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