Wie man aus Erfahrung und von anderen lernt

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Der Blick ins Gehirn geben Aufschluss über das komplexe Abwägen zwischen eigener Erfahrung und dem Verhalten anderer.

Stehen Menschen vor Entscheidungen, können sie diese auf Basis der eigenen Erfahrungen treffen oder einen Blick auf Mitmenschen richten, die vor ähnlichen Aufgaben stehen. Forscher haben im Rahmen einer im Fachblatt Science Advances erschienen Studie Menschen beim direkten und sozialen Lernen ins Gehirn geschaut. Die Lernarten erwiesen sich als voneinander getrennt und trotzdem eng verbunden.

Entscheidungsexperimente

Die beiden Wissenschafter Lei Zhang vom Institut für Psychologie der Kognition, Emotion und Methoden der Universität Wien und Jan Gläscher vom Institut für Systemische Neurowissenschaften des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf brachten für ihr Experiment insgesamt 185 Studienteilnehmer im Rahmen eines Spiels dazu, Entscheidungen zu fällen, die sie entweder aufgrund eigener Erfahrungen oder unter Einbeziehung des Verhaltens anderer treffen konnten. 39 davon saßen dabei in einem Magnetresonanztomografen, der es erlaubt, die Gehirnaktivität aufzuzeichnen.

Die Teilnehmer spielten jeweils in Fünfergruppen ein einfaches Spiel am Computer, bei dem sie sich in jeder Runde zwischen zwei Symbolen entscheiden mussten. Je nachdem, welches davon dann am Schirm erschien, erhielten sie einen Gewinn oder Verlust. Pro Runde trafen die Spieler zuerst ihre persönliche Entscheidung. Dann konnten sie sehen, wie sich die Mitspieler entschieden hatten, und daraufhin ihre Wahl revidieren. "Mit dieser Herangehensweise ermöglichen wir Interaktionen zwischen den Probanden in Echtzeit", so Zhang, der die Studie leitete und als Postdoktorand in Wien tätig ist.

Flexibel umlernen

Den Aspekt der Erfahrung und des Lernens brachten die Wissenschafter mit ins Spiel, indem sich die Wahrscheinlichkeit, dass ein Symbol zum Erfolg führte, im Verlauf der Runden veränderte. Brachte in einer Phase des Spiels ein bestimmtes Bild zu 70 Prozent einen Gewinn, schwenkte dies nach Übergangsphasen auf 70 Prozent Gewinnwahrscheinlichkeit bei der Wahl des anderen Symbols um. Dieser Ablauf wechselte mehrfach, wie es am Donnerstag in einer Aussendung der Uni Wien heißt. Die Studienteilnehmer mussten also flexibel umlernen und möglichst schnell erkennen, wann ein Umschwung stattfand, um ihren Gewinn hoch zu halten. Da manche Spieler die Veränderungen schneller erkannten als andere, machte es für die Teilnehmer durchaus Sinn, "diese soziale Information mit ihren eigenen Entscheidungsprozessen zu verbinden", so Gläscher.

Aufschlussreiche Gehirnscans

Durch den Blick ins Gehirn und das sichtbare Entscheidungsverhalten konnten die Forscher nachvollziehen, ob die Probanden im Gehirnscanner gerade mehr auf das eigene Urteil oder jenes der Kollegen vertrauten. So identifizierten sie ein komplexes Bild des Abwägens zwischen eigener Entscheidung und dem Berücksichtigen des Wahlverhaltens anderer. Im Durchschnitt erwies sich die zweite Wahl, nachdem die Teilnehmer die Entscheidungen der Mitspieler sahen, als gewinnbringender. Es scheine, dass das direkte Lernen in vorhersehbaren Situationen sehr effizient ist. Wird das Umfeld jedoch unwägbarer, lohnt sich der zusätzliche Blick in die Runde mehr, schließen die Wissenschafter.

Je nachdem, worauf die Teilnehmer gerade stärker setzten, waren auch verschiedene Hirnregionen besonders aktiv: einerseits der ventromediale präfrontale Kortex beim direkten Lernen und andererseits der anteriore cinguläre Kortex beim sozialen Lernen. Neben dem Befund, dass sich die beiden Herangehensweisen an anderen Stellen in Gehirn ablesen ließen, fand sich im zentral im Denkorgan befindlichen Striatum ein Areal, das die beiden anderen Strukturen sozusagen austarierte. Auch wenn verschiedene Rechenzentren für direktes und soziales Lernen identifiziert wurden, deutet laut Gläscher alles "auf ein integriertes Netzwerk im Gehirn hin, das den sozialen Einfluss auf die menschliche Entscheidungsfindung moduliert".

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