Doch tatsächlich steigen die Treibhausgas-Emissionen in Österreich. Grund ist der Verkehr. „Der Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes läuft in manchen Regionen sehr gut, in manchen weniger“, sagt Wadsak. Um den Umstieg auf Öffis zu erleichtern, brauche es aber ein flächendeckendes und günstiges Netz. Das geplante 1-2-3-Ticket ist laut dem Experten der richtige Weg, allerdings hakt es in der Umsetzung. Die Regierung verhandelt seit Monaten, vor allem die Finanzierung wirft Fragen auf.
Was also, wenn uns die Reduktion nicht gelingt und es so weitergeht wie bisher? Wie wird die Erde in 20, 40 oder 60 Jahren aussehen? Blicken wir zuerst einmal nach Österreich. Dass es den Grünen Veltliner hierzulande bald nicht mehr geben wird, ist zwar für Anhänger der Weinsorte bitter. Aber es gehört wohl noch zu den harmlosesten Folgen. Da sich die Wärme vom Süden her noch stärker ausbreiten wird, werden viele Sorten Richtung Norden ziehen. Dafür aber werden sich Rotweinsorten aus Italien etablieren.
Der Klimawandel wird aber nicht nur die Weinwirtschaft zu Änderungen zwingen. Generell müssen sich heimische Bauern auf mehr Trockenheit und Wetterextreme einstellen. Und das heißt: Umstellung auf andere Sorten. Denn Getreide und Erdäpfel bevorzugen ein gemäßigtes Klima. Der Branchenverband Saatgut Austria beschäftigt sich deshalb schon länger mit der Züchtung zukunftsfitter Sorten. „Österreich ist von all dem stärker betroffen, weil wir jetzt schon eine Erwärmung von 2 Grad seit der Industrialisierung haben“, sagt Wadsak. Das ist doppelt so viel wie im globalen Mittel. Das spürt auch der Wald, der mit den raschen Veränderungen des Klimas nicht umgehen kann. Das macht ihn für Schädlinge wie den Borkenkäfer anfälliger.
Verheerend werden die Folgen für den Wintertourismus sein. „Wenn die Temperaturen weiter steigen, wird man in tiefgelegenen Skigebieten nicht mehr beschneien können“, erklärt Marcus Wadsak. Davon wird der Sommertourismus profitieren. Höhere Temperaturen bedeuten wärmere Seen und eine längere Saison. Aber sie bergen auch die Gefahr, dass die Vegetation in heimischen Seen kippt.
Obwohl die Erwärmung in den Bergen am stärksten sein wird, wird man sie in den Städten am meisten spüren, sagt Wadsak. Die dichte Verbauung verhindert ein Abkühlen in der Nacht, deshalb brauche es noch mehr Begrünung und Ideen zur Kühlung.
Mit dem wärmeren Klima werden sich in Österreich auch Krankheitserreger breitmachen, die bisher weit entfernt waren. Bereits 2018 – das wärmste Jahr in Österreichs Geschichte – gab es laut Gesundheitsministerium 27 Infektionen mit dem West-Nil-Virus. Dennoch: Im Vergleich zu anderen Regionen der Welt wird es uns vorerst relativ milde treffen.
Mit dem weiteren Anstieg des Meeresspiegels werden ganze Landstriche verschwinden. Darunter Bangladesch, aber auch Küstengebiete der USA. Andernorts wird sich Trockenheit ausbreiten und Wüsten immer weiter wachsen. Wieder andere Regionen werden durch starke Unwetter quasi unbewohnbar – Haiti etwa. Wadsak: „All das wird zu massiven Fluchtbewegungen führen.“
Und dann, wenn sich die Erde um mehr als 1,5 Grad erwärmt, wird es keinen Weg mehr zurückgeben. Das Klima wird kippen. „Das Tragische ist nicht, dass es um ein paar Grad wärmer wird. Sondern, dass es dann kein Ende der Erwärmung mehr geben wird.“ So werden zum Beispiel die Permafrostböden auftauen und dadurch das im Eis eingeschlossene Methan freigesetzt – ein Treibhausgas, das wesentlich aggressiver ist als . Es wird dann nicht nur wärmer, sondern immer schneller wärmer. Und es gibt keine Möglichkeit mehr das Klima zu stabilisieren. „Wenn wir so weitermachen wie bisher, werden wir die Erde bis zum Ende des Jahrhunderts aus den Händen geben müssen.“
So düster all diese Aussichten klingen, Marcus Wadsak ist trotzdem optimistisch. Der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen finde statt, mit dem Pariser Abkommen gelang fast 190 Staaten ein historisches Bekenntnis. Und: „Wir haben die Wissenschaft, die uns genau anleitet, was zu tun ist.“
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