Ihr ursprünglicher Fokus: Wachstum und Keimung bei Kultur- und Wildpflanzen verstehen. „Später haben wir unsere Untersuchungen auf Innenräume ausgeweitet. Das war damals richtig innovativ.“ Die Idee kam von der Reinraum-Industrie, die immer wieder Probleme mit Mikroorganismen in Reinräumen hatte, in denen eigentlich per definitionem nichts leben sollte. Doch: „Auch Reinräume haben eine ganz bestimmt mikrobielle Community“, stellte Berg fest. „Wir fanden das sensationell“, erinnert sie sich und wollte es genau wissen.
Riskant
„Wir haben festgestellt, dass es ein bestimmtes Innenraum-Mikrobiom gibt. Doch je mehr gereinigt wird und je heftiger Reinigungsmittel dort zum Einsatz kommen, desto mehr verschiebt sich das Mikrobiom in einen riskanten Bereich – die mikrobielle Gemeinschaft wird einseitig, potenzielle Krankheitserreger reichern sich an.“ Bergs Diagnose: „Das, was jahrelang in Krankenhäusern und Reinräumen gemacht wurde, hatte nur mäßigen Erfolg, weil ein resistentes Mikrobiom gezüchtet wurde. Wo aber eine hohe bakterielle Vielfalt herrscht, gibt es wenig Multiresistenz-Gene.“ Viele Mikroorganismen halten sich gegenseitig in Schach. Wenn das ganze System verarmt ist, entstehen Pathogene (Krankheitserreger).
Was also tun, um das Innenraum-Mikrobiom zu verbessern, überlegten die Forscher. Und kamen auf Zimmerpflanzen, „weil wir ja schon wussten, dass Pflanzen ein nützliches Mikrobiom haben.“
Lebendig
Im nächsten Schritt begannen die Wissenschafter mit der Bestandsaufnahme der Mikrobiome auf Zimmerpflanzen: 15 gängige Zimmerpflanzen – Grünlilien, Bananenstauden und Drachenbäume aus dem Botanischen Garten Graz – wurden beprobt. Das Ergebnis: „Das Mikrobiom von Zimmerpflanzen ist sehr lebendig. Jede Art beherbergt eigene Mikroorganismen, und zwar unabhängig von den Umweltfaktoren. Wir haben rund eine Million Bakterien und 1.000 Pilze pro Quadratzentimeter Blattfläche gefunden“, erklärt Berg. „Die Blätter sind also dicht besiedelt, obwohl man ihnen das gar nicht so ansieht.“ Und das helfe im Kampf gegen herumfliegende Krankheitserreger.
Die Forscherin weiter: „Von Menschen weiß man, dass sie 106 Bakterien pro Stunde in einem Innenraum verbreiten. Bei Pflanzen kennt man die genaue Zahl noch nicht“. Berg ist aber überzeugt, dass es ebenfalls sehr viele sind. „Und wir wissen, dass dieses pflanzliche Mikrobiom positiv wirkt und ins Raummikrobiom integriert wird.“
Ideal
Mittlerweile arbeitet ihr Team auch mit einem Start-up zusammen, so soll aus den Mikrobiom-Analysen ein Raumspray mit dem idealen Mikrobiom entstehen. Bis es so weit ist, rät die Umwelttechnologin: „Möglichst viele verschiedene Zimmerpflanzen aufstellen. Lüften ist auch eine gute Sache, vor allem, wenn das Haus von Bäumen umgeben ist. Da weht automatisch nützliches Mikrobiom in die Zimmer.“
Wichtiger als die Art der Zimmerpflanzen sei, woher sie kommen. Die aus einer lokalen Gärtnerei seien besser als eine Topfpflanze aus der Ferne, aus Asien oder Afrika, sagt Berg und hat einen wissenschaftlichen Vergleich zwischen Grünzeug aus dem Großmarkt und jenem aus dem Botanischen Garten angestellt. Ergebnis? Richtig! Die haben unterschiedliches Mikrobiom.
Eine große ungeklärte Frage bleibt allerdings: Welchen Einfluss hat das pflanzliche Mikrobiom auf das menschliche Mikrobiom? Genau dem will Berg jetzt in einem großen Forschungsverbund nachgehen.
Aber das ist eine andere Geschichte.
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