Umfrage: Ein Fünfer führt bei vielen zu Angst vor der nächsten Prüfung
"Nicht für das Leben, sondern für die Noten lernen wir“, dürfte das Motto der allermeisten österreichischen Schülerinnen und Schüler sein. Das zumindest legen die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage des Nachhilfeinstitutes Lernquadrat nahe. Danach werden Schulnoten von mehr als zwei Drittel der Befragten wichtig genommen.
Fallen die Noten schlecht aus, regieren üblicherweise lange andauernde Frustration (54,1 Prozent), Traurigkeit (45,2 Prozent) und Ärger (36,9 Prozent). Zusätzlich steigt die Angst vor der nächsten Prüfung, gefolgt von Schlaflosigkeit und Unlust selbst in der Freizeit. Als Ansporn dienen schlechte Noten selten, gute allerdings ebenso wenig. Und gesprochen wird über schulische Misserfolge am ehesten mit Eltern und Freunden, kaum jemals aber mit den Lehrkräften, obwohl doch gerade diese die schlechten Noten verteilt haben.
Negativspirale
Bei mehr als 40 Prozent der Schülerinnen und Schüler verstärken schlechte Noten die Prüfungsangst und wirken damit kontraproduktiv auf den Lernprozess, betont Lernquadratsprecherin Angela Schmidt. Damit entstehe eine Negativspirale, die einem sinnvollen Wissenserwerb ebenso im Weg steht wie einer guten Kommunikation zwischen Lehrerpersonen und Schülern. "Bildung und Lernen sollten im Vordergrund stehen, und nicht Schubladisierung und Selektion. Wir würden uns wünschen, dass Noten nicht mehr Angstauslöser, sondern Orientierungshilfe sind und ein Rollenwandel der Lehrkräfte vom Beurteiler zum Lernpartner stattfindet“, so Schmidt.
Pflichtbewusstsein und Selbstkritik
Insgesamt zeichnen die Ergebnisse der Umfrage das Bild einer pflichtbewussten und angepassten Generation, die sich mit der Existenz von Benotungen irgendwie arrangiert hat. 68,7 Prozent der Befragten nehmen die Benotung richtig ernst, exakt ebenso viele vermuten dies auch von ihren Eltern. Ungerechtigkeiten in der Benotung werden lediglich von 14 Prozent beklagt und kommen am ehesten in den Hauptfächern Englisch, Deutsch und Mathematik vor. Die Schuld für einen "Fünfer“ suchen die meisten dementsprechend vor allem bei sich selbst. 45,8 Prozent sind der Meinung, sie hätten dann einfach zu wenig gelernt, 35,4 Prozent geben an, unter Konzentrationsschwächen zu leiden, 32,2 Prozent unter Prüfungsangst, 31 Prozent unter dem zu großem Zeitdruck.
An den Folgen schlechter Noten haben die Mädchen meist deutlich intensiver und erheblich länger emotional zu knabbern als die Burschen. Die Reaktion der Eltern fürchten vor allem die 10- bis 14-Jährigen. Gute Noten dagegen sorgen für innere Zufriedenheit (63,8 Prozent) und Erleichterung (48,2 Prozent), oft dienen sie auch nur als Bestätigung der Leistung (30,0 Prozent). Lediglich jeder und jede Fünfte fühlt sich dadurch aber besonders motiviert für die nächste Prüfung.
Nur wenige würden die Noten vermissen
Ein weiteres interessantes Detail: Eine klare Mehrheit der Schülerinnen und Schülern (58,6 Prozent) ist der Überzeugung, dass es seit Beginn der Corona-Pandemie noch schwieriger geworden ist, gute Noten zu bekommen als vorher. Besonders trifft dies auf die schlechten Schülerinnen und Schüler zu, deren Leistung unter Lockdowns und Distance Learning wohl überdurchschnittlich stark gelitten hat.
Eine neue Schule ganz ohne Noten wäre für 47,2 Prozent der österreichischen Schülerinnen und Schüler ein Wunschszenario. Allerdings können sich fast 30 Prozent der Befragten überhaupt nicht vorstellen, dass es so etwas geben könnte. Nur eine Minderheit von 8,9 Prozent würden die Benotung ihrer Leistung vermissen.
"Eine aktive Auseinandersetzung mit dem Lernenden und direkte Rückmeldung und Hilfestellung während des Lernens wären jedenfalls deutlich effektiver als das schlichte Benoten am Ende“, fasst Angela Schmidt die Erkenntnisse aus der Umfrage zusammen und betont: "Wir würden uns wünschen, dass die Schule ein Ort der Bildung ist, wo die Jugendlichen aus Neugier und Interesse hingehen und Lehrkräfte gerne ihr Wissen weitergeben. Wo alle Voraussetzungen passen, damit Schule ein positiv besetzter Ort für alle Beteiligten sein kann. Dazu sollte man sich aktiv mit dem Thema Noten auseinander setzen und die Schule in dieser Hinsicht aus dem 18. ins 21. Jahrhundert führen.“
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