Trotz Heißhunger: Warum der Konsum von Cannabis mager macht

Mit dem Joint kommt der Hunger. Wobei das untertrieben ist: Cannabis kann regelrechte Fressattacken auslösen. Verantwortlich dafür ist der Hauptwirkstoff THC (Tetrahydrocannabinol).
Paradoxerweise sind Vielnutzer aber oft schlanker und weniger anfällig für Diabetes. Forschende der University of California, Irvine, haben nun eine mögliche Erklärung für diesen Widerspruch gefunden. Veröffentlicht wurden ihre Ergebnisse im Fachblatt Cell Metabolism.
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Um die Wurzel des Phänomens zu erläutern, muss man etwas ausholen. Wer als Erwachsener Cannabis konsumiert, hat meist schon als Teenager damit begonnen. In der Pubertät machen Jugendliche wiederum eine immense körperliche Entwicklung durch. Dieser fein kalibrierte Prozess wird durch Cannabis gestört.
Es bringt etwa Mechanismen, die die Energiespeicherung regeln, durcheinander: Der Körper wird dadurch schlanker und weniger anfällig für Fettleibigkeit. Er ist aber auch weniger in der Lage, gespeicherte Nährstoffe zu mobilisieren, die für die Gehirn- und Muskelaktivität benötigt werden.
Molekularen Veränderungen mit Folgen
Wenn Fettdepots im Körper, also Fettgewebe, den Inhaltsstoffen von Cannabis ausgesetzt werden, beginnen sie Proteine zu bilden, die normalerweise nur in Muskeln und im Herzen zu finden sind.
Für die aktuelle Studie verabreichten die Wissenschafterinnen und Wissenschafter jungen Mäusen täglich niedrige Dosen von THC. Dann stoppten sie die Behandlung und analysierten, nachdem die Tiere das Erwachsenenalter erreicht hatten, ihren Stoffwechsel.
Die Ergebnisse überraschten. Mäuse, die THC bekommen hatten, nun aber drogenfrei waren, wiesen eine geringere Fettmasse auf und waren teilweise resistent gegen Fettleibigkeit und Hyperglykämie (krankhaft erhöhter Blutzuckerspiegel). Die Nager wiesen auch eine überdurchschnittlich hohe Körpertemperatur auf und waren nicht in der Lage, Energie aus den Fettspeichern zu mobilisieren. Mehrere dieser Merkmale sind auch bei Menschen zu beobachten, die häufig Cannabis konsumieren.
Um diese Prozesse genauer zu verstehen, nahmen die Forschenden die Veränderungen unter die Lupe. Was sie entdeckten, war sogar noch überraschender: Die Fettzellen der mit THC behandelten Mäuse sahen unter dem Mikroskop normal aus, produzierten aber große Mengen an Muskelproteinen, die normalerweise nicht in Fett vorkommen. In ihren Muskeln wurden hingegen weniger dieser Proteine gebildet.
Weitreichende Wirkungen
Die Forschenden halten es für plausibel, dass die Anstrengung, die zur Herstellung dieser „fremden“ Proteine erforderlich ist, das gesunde Funktionieren der Fettzellen beeinträchtigt – und damit ihre Fähigkeit, Nährstoffe zu speichern und abzugeben. Das könnte geistige Prozesse, etwa die Aufmerksamkeit, die von einer ständigen Versorgung des Hirns mit Nährstoffen abhängig ist, negativ beeinflussen.
Gesundheitsrisiko
"Allzu oft denken wir bei Cannabis nur an eine psychoaktive Droge", wird Daniele Piomelli, Neurobiologe und Leiter des Center for the Study of Cannabis an der University of California, Irvine, in einer Aussendung zur Studie zitiert.
"Aber seine Wirkung geht weit über das Gehirn hinaus. Sein Hauptbestandteil THC ahmt eine Gruppe chemischer Botenstoffe nach, die sogenannten Endocannabinoide, die wichtige Funktionen im gesamten Körper regulieren", sagt Piomelli. Und weiter: "Unsere Ergebnisse zeigen, dass eine Beeinträchtigung der Endocannabinoid-Signalübertragung in der Jugend die Funktion der Fettorgane dauerhaft stört, was möglicherweise weitreichende Folgen für die körperliche und geistige Gesundheit hat."
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