Tiercoach: Rohfütterung verlangt viel Wissen und Kontrolle
Haustiere haben Geschmack: Die einen bevorzugen Huhn, die anderen Fisch oder Schwein. Manche schlingen lieber Trockenfutter, als Nassfutter zu genießen. In der Regel hängen die Fressgewohnheiten vom Halter ab. Roh ist derzeit en vogue.
„Barfen ist eher ein Modetrend und ein Internet-Phänomen“, sagt Zoodoc Anna Matiasek. Die Diätologin aus dem KURIER-Tiercoach-Team erklärt, was es mit dem Zurück-zu-den-Wurzeln auf sich hat und welche Risiken damit verbunden sind.
„Barf“ steht für biologisch artgerechte Rohfütterung. Die Nachahmung der natürlichen Ernährung geht auf den australischen Tierarzt Ian Billinghurst zurück. Er setzte mit „Bones and Raw Foods“ auf rohes Fleisch, Innereien, Knochen und rohes Gemüse ohne Getreide. Mittlerweile gibt es auch jede Menge Barf-Rezepte für Hund und Katze.
Verdauungstrakt hat sich geändert
„Unsere Haustiere sind seit Jahren domestiziert. Ihr Verdauungstrakt und ihre Ansprüche haben sich geändert“, sagt Matiasek. Nicht alle Vierbeiner, die ein zivilisiertes Leben mit Futtervorräten führen, vertragen die wilde Kost. Darüber hinaus ist es bei individueller Rezeptur schwierig, alle Nährstoffe ausgewogen anzubieten. Gerade bei Hunden im Wachstum kann es zu einer Unterversorgung kommen.
Am häufigsten mangelt es an den Vitaminen A und D sowie an Spurenelementen wie Kupfer, Zink und Jod. Selten gelingt es, Jungtieren über das Barfen die hohe Dosis Kalzium zu verabreichen. Für jedes Alters gilt: Nur durch das Zufüttern von Mineralstoffen kann der Bedarf gedeckt werden. Eine Überversorgung mit Nährstoffen freilich kann genau so ungesund sein. Abbauprodukte des meist hohen Eiweißgehalts z. B. belasten Leber und Niere vor allem von Senioren. Eine professionelle Ernährungsberatung ist dringend angeraten.
Gefahr Krankheitserreger
„Beim Barfen besteht die Gefahr von Krankheitserregern im rohen Fleisch“, sagt die Tierärztin aus der Ordination Tiergarten Schönbrunn und zählt u. a. Salmonellen, E.coli, Toxoplasmen, Listerien und Bandwürmer auf. Da die Erreger mitunter (auch Menschen) schwer krank machen, ist bei der Zubereitung der Mahlzeiten höchste Hygiene geboten.
„Man muss auf die Auswahl der Zutaten achten“, sagt Matiasek. Rinderschlund etwa eignet sich nicht. Nimmt das Haustier damit Hormone auf, kann das zu einer Überfunktion der Schilddrüse führen. Rohe Knochen wiederum können das Zahnfleisch oder den Darmtrakt verletzen.
„Barfen muss gut überlegt sein“, fasst die Ernährungsberaterin zusammen. Kontrolle ist regelmäßig erforderlich – sowohl was die Rezepturen betrifft, als auch was die Blutwerte der Haustiere anlangt. Matiasek: „Grundsätzlich gibt es aus tierärztlicher Sicht keine eindeutigen Vorteile gegenüber gekochtem Futter.“
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