Wie uns Jugend-Freundschaften zu besseren Eltern machen

Vier Freundinnen blicken in den Sonnenuntergang.
Wer in der Jugendzeit gute, tragfähige Beziehungen pflegt, wird später eher zu einem fürsorglichen Elternteil. Das legt eine US-Studie nahe.

Teenager-Freundschaften sind oft von Höhen und Tiefen geprägt, eine Achterbahnfahrt der Gefühle – und manchmal der Grundstein lebenslanger Verbundenheit. Dass sie später im Erwachsenenalter auch mitbestimmen, wie man sich als Elternteil verhält, lässt eine neue Untersuchung aus den USA vermuten.

Frühe Freundschaften scheinen Menschen auf ihre spätere Rolle als Mütter und Väter vorzubereiten, so die Kernerkenntnis. 

Das Forschungsteam der University of Virginia verfolgte 184 Jugendliche mehr als zwanzig Jahre lang. Beim Erstkontakt waren die Teenager 13 Jahre alt, am Ende der Erhebung Mitte 30. Die Gruppe der Jugendlichen bestand in etwa zur Hälfte aus Burschen und zur Hälfte aus Mädchen. Ihre ethnischen Hintergründe waren divers, untersucht wurden also nicht nur weiße, sondern beispielsweise auch afroamerikanische Teenager.

Freundschaften unter der Lupe

Jedes Jahr nominierten die Jugendlichen jemanden aus ihrem engsten Freundeskreis, der infolge mit ihnen an der Studie teilnahm. Die Forschenden beobachteten, wie die Teenager reagierten, wenn ein Freund oder eine Freundin sie um Rat bei Problemen bat – und bewerteten das Verhalten mithilfe einer psychologischen Skala mit Fokus auf Empathie.

Als 74 der Studienteilnehmenden schließlich erwachsen waren und selbst Kinder hatten, bat man sie, einen Fragebogen zu ihrem Erziehungsstil auszufüllen. Sie wurden vor zwölf hypothetische Situationen gestellt, in denen ihr Kind eine negative Emotion zum Ausdruck brachte, und bekamen diverse Umgangsformen – unterstützende und weniger unterstützende – zur Auswahl vorgeschlagen. 

Als unterstützend wurde etwa gewertet, wenn man dem Kind half, seine Emotionen zu regulieren, oder Lösungsvorschläge machte. Bestrafung, Verharmlosung oder Ärger wurden als weniger entlastend eingestuft. Es zeigte sich: Jene Personen, die mehr Einfühlungsvermögen für ihre engen Jugend-Freunde gezeigt hatten, leisteten als Eltern mehr Unterstützung.

Dass sich Empathiefähigkeit früh entwickelt und ein Leben lang annähernd konstant bleibt, mag eine Erklärung sein. Oft wird aber angenommen, dass der Erziehungsstil, den man selbst als Kind erfährt, die Art des Umgangs mit dem eigenen Nachwuchs mitbestimmt. "Unsere Freundschaften könnten dasselbe tun", wird Psychologin Jessica A. Stern, Hauptautorin der Studie, von Psychology Today zitiert. "Wir glauben, dass enge Freundschaften im Teenageralter ein wichtiges 'Trainingsfeld' sind, um soziale Fähigkeiten zu entwickeln und zu lernen, wie man sich um andere kümmert."

Die Studie wurde im Fachblatt Child Development veröffentlicht und kann hier nachgelesen werden.

Und: Wenn man bereits in der Jugendzeit enge Freundschaften kultiviert, kann man später auf die Unterstützung dieser Freundinnen und Freunde zurückgreifen. Was nach der Geburt eines Kindes wiederum entlastend für Mütter und Väter sein und sie zu mehr Fürsorge befähigen kann.

Mitgefühl über Generationen hinweg

In der Studie offenbarte sich auch, dass Empathie vererbt wird. Man sah sich an, wie empathisch die Jugendlichen erzogen worden waren. Teenager mit bestärkenden Müttern wuchsen eher zu einfühlsamen Erwachsenen heran. Für Kinder, die bei harschen Eltern groß werden, können liebevolle Teenager-Freundschaften eine Möglichkeit sein, den generationsübergreifenden Kreislauf des Empathiemangels zu unterbrechen, so die Forschenden. 

"Erfahrungen in engen, unterstützenden Freundschaften als Teenager sind sehr wichtig für eine gesunde Entwicklung. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Jugend-Freundschaften ein unterschätzter, aber wesentlicher Kontext für die Entwicklung kritischer sozialer Fähigkeiten (…) sein können", summiert Stern.

Kommentare