Wie Wissenschafter mit Tanzvideos Wissen vermitteln

Kangaroo Time, v
Ein australischer Känguru-Forscher hat mit einem kuriosen Video einen weltweiten Tanzwettbewerb gewonnen. Ziel: Erkenntnisse vermitteln.

Bis vor kurzem verstand selbst die Großmutter von Weliton Menário Costa, genannt Weli, nicht viel von dem, was der Verhaltensökologen an der Australian National University da so erforschte. "Doch als ich dann Kangaroo Time veröffentlichte, sagte sie: 'Das ist mein Enkel! Jetzt verstehe ich es!'", erzählt er im Wissenschaftsmagazin Science.

Kangaroo Time, ein vierminütiges Musikvideo über Welis jahrelanges Studium der Östlichen Grauen Kängurus in Victoria, ist ebenso unterhaltsam wie informativ. Daher wurde es wohl zum Gesamtsieger des diesjährigen "Dance Your PhD"-Wettbewerbs gekürt.

Die Universität jubelte: "Vom Känguru-Flüsterer zur globalen Tanz-Sensation." Costa selbst kommentiert im Guardian: "Es ist einfach unglaublich. Einen internationalen Wissenschaftswettbewerb zu gewinnen, ist wie Eurovision – nur dass wir alle einen Doktortitel haben."

Welis Forschung

Und tatsächlich: Die Forschenden nehmen den Tanzwettbewerb "total ernst". Welis Gewinnervideo erklärt seine Dissertationsforschung "Persönlichkeit, soziales Umfeld und Effekte auf mütterlicher Ebene: Insights from a Wild Kangaroo Population". Costa, der 2017 aus seiner Heimat Brasilien nach Canberra gezogen war, um dort zu promovieren, verbrachte drei Jahre damit, die Verhaltensunterschiede einer Gruppe von mehr als 300 Östlichen Grauen Riesenkängurus in Victoria zu untersuchen. "Wir haben herausgefunden, dass Kängurus gerne in Gruppen Kontakte knüpfen, aber kleinere soziale Kreise bevorzugen", erklärte er. "Und wie beim Menschen manifestieren sich Känguru-Persönlichkeiten schon früh im Leben." Unter anderem zeigten auch bei den Beuteltieren Geschwister oft ähnliche Wesensarten. Als queerer Einwanderer in Australien erzählt er dem Guardian, dass er nachvollziehen kann, wie Kängurus ihr Verhalten in verschiedenen Gruppen ändern.

Das Video

Das Endprodukt sei "sowohl unterhaltsam als auch lehrreich", hieß es. Weli ist gleichzeitig Hauptdarsteller und Regisseur. Geschickt habe er mithilfe von Tanzstilen verschiedene Persönlichkeitsmerkmale von Kängurus veranschaulicht, schrieb die ANU. "Von mutigeren Typen bis hin zu schüchterneren Exemplaren." Costa schlussfolgert: "Unterschiede führen zu Vielfalt. Und das gibt es bei jeder Spezies; das ist ganz natürlich." Diese Botschaft gefiel den Juroren, sowohl wissenschaftlich als auch künstlerisch.

Die Konkurrenz

Dutzende von Videos werden jedes Jahr für den Wettbewerb in den vier Kategorien Biologie, Chemie, Physik und Sozialwissenschaften eingereicht. Wissenschaftliche Kommunikationsfähigkeiten und künstlerische Kreativität sind der Schlüssel zu einem erfolgreichen Video: "Es ist eine echte Herausforderung, Forschungsergebnisse zu vermitteln und eine klare Verbindung zwischen Wissenschaft und darstellender Kunst herzustellen", sagt der Känguru-Forscher. Weli nahm das Preisgeld in Höhe von 2.000 Dollar für den Gesamtsieger mit nach Hause, zusätzlich zu seinem Preis in der Kategorie Sozialwissenschaften in Höhe von 750 Dollar.

Die drei anderen Gewinnervideos in diesem Jahr befassten sich mit der Frage,

  • wie sich Widrigkeiten im frühen Leben auf die Funktionsweise von Genen auswirken können (Siena Dumas Ang, Princeton University)
  • mit der Behandlung des Verlusts von Nervenzellen durch den gezielten Einsatz eines Proteins, das am zirkadianen Rhythmus beteiligt ist (Xuebing Zhang, City University of Hong Kong) und
  • mit der Erosion von Flussufern (Layla El-Khoury, North Carolina State University). 
  • Zu den bisherigen Gewinnern gehörten
  • Atmosphärenforscher der Universität Helsinki in Finnland, die über Wolkenformationen rappten,
  • ein Swing-Tanz über Supraleitung von einem Forscher der Universität Victoria in Kanada und
  • ein stilisiertes Musikvideo über Hefezellen von einem Forscher der Universität Vilnius in Litauen.

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