Österreicherin erhält den Ig-Nobelpreis

Österreicherin erhält den Ig-Nobelpreis
Wie viele Kinder kann ein Mann zeugen, fragte die Anthropologin Elisabeth Oberzaucher und wurde mit dem Anti-Nobelpreis ausgezeichnet.

Zuerst fliegen traditionell die Papierflieger auf die Bühne: Bei der schrillen 25. Verleihung der Ig-Nobelpreise vergangene Nacht an der Elite-Universität Harvard stand die kuriose Forschung im Mittelpunkt. Und diesmal wurde auch eine österreichische Forscherin ausgezeichnet. Elisabeth Oberzaucher vom Department für Anthropologie der Universität Wien erhielt den Preis für ihre Studie, in der sie erforschte, wie viele Kinder ein Mann zeugen kann.

Österreicherin erhält den Ig-Nobelpreis
Elisabeth Oberzaucher
Ihre erste Reaktion, live aus Boston von der Verleihung: „Ich freue mich wahnsinnig!“ Und das, obwohl die Auszeichnung oft Anti-Nobelpreis genannt wird.

Fantasievolles ehren

Die Trophäe solle das Ungewöhnliche feiern und das Fantasievolle ehren; die zugespitzten Erkenntnisse sind publikumswirksam, realitätsnah und vermitteln Spaß an der Wissenschaft. Sie beruhen allesamt auf anerkannter Forschung. Ein Ig-Nobelpreis (die englische Abkürzung für ignoble bedeutet etwa unwürdig) gilt deshalb unter Wissenschaftern als anerkannte Auszeichnung. Mittlerweile bezeichnet auch das renommierte Wissenschaftsmagazin Nature den Ig-Nobelpreise als „Highlight des wissenschaftlichen Kalenders“. Oberzaucher: „Jeder, der weiß, welche Arbeiten den Ig-Nobelpreis gewinnen, sieht, dass großartige Wissenschaft dahinter steckt.“

Apropos großartige Wissenschaft, die dahinter steckt: Oberzaucher hat gemeinsam mit ihrem Kollegen Karl Grammer untersucht, unter welchen biologischen, sozialen und kulturellen Mechanismen ein Mann 1171 Kinder zeugen kann.

Österreicherin erhält den Ig-Nobelpreis
Moulay Ismael
Konkret ging es um König Moulay Ismael (Bild), der von 1672 bis 1727 einen Harem aus geschätzt 500 Frauen regierte – und Marokko dazu.

Besonders interessierte die Forscher die Frage, wie oft der Mann Sex haben und wie viele Frauen ihm zur Verfügung stehen mussten, um diese Anzahl an Nachkommen innerhalb von 32 Jahren zu zeugen. „Seine Spermien wären natürlich ausreichend gewesen, um alle Frauen dieser Welt zu befruchten“, sagt die Anthropologin. „Aber es gibt ganz viele Faktoren, die den tatsächlichen Erfolg beeinflussen: Ist die Frau gerade in den fruchtbaren Tagen? Sind seine Spermien gut unterwegs? Wie schaut es mit der Kindersterblichkeit aus? Haben alle Haremsdamen zum selben Zeitpunkt den Eisprung?“ Frauen, die zusammenleben, entwickeln nämlich einen gleichgeschaltenen Ovulationsrhythmus, was sich negativ auf die Fortpflanzung auswirkt.

Geht das denn?

Das Fazit der österreichischen Forscherin: „Er muss schon ganz schön viel für so viele Kinder tun. Je nachdem welches Computermodell man verwendet, musste er ein bis zu mehr als zweimal täglich Sex haben. Und das sein Leben lang ohne Wochenende, ohne Urlaub. Das ist dann schon Arbeit. Speziell in seinem Fall: Er war ja sehr kriegerisch und viel auf Feldzügen unterwegs."

„Wir beschreiben in unserer Arbeit, unter welchen Bedingungen es möglich ist. Je nach Fruchtbarkeit gibt es unterschiedliche Empfängnismodelle. Frauen, die sexuell eher abstinent sind, können sogar über den ganzen Zyklus fruchtbar sein. Dann wird durch den Sex ein Eisprung ausgelöst“, erklärt Oberzaucher. Nachdem Moulay Ismael angeblich einen Harem mit 500 Frauen hatte, wäre ein diesbezügliches Modell durchaus wahrscheinlich. „Wenn man dieses Computermodell zugrunde legt, dann kommt man auf unter einmal pro Tag Sex.“

Politische Frage

Außerdem sei die Frage spannend, warum Moulay Ismael einen so großen Harem hatte. „Nicht wegen der großen Kinderzahl. Da würden 50 bis 100 Frauen ausreichen. Es war eine politische Frage“, ist Oberzaucher überzeugt. Die Frauen, die er in seinem Harem hatte, waren für andere Männer unerreichbar. Die blieben unverheiratet. Und unverheiratete Männer sind bessere Krieger.

Schauriges Detail am Rande: Moulay Ismael hatte vier Ehefrauen, der Rest waren Konkubinen. Deren Töchter wurden bei der Geburt ermordet.

  • Ein Team um Patricia Yang aus den USA bekommt die Auszeichnung in der Sparte Physik, weil es herausfand, dass fast alle Säugetiere ihre Blase innerhalb von 21 Sekunden - oder bis zu 13 Sekunden schneller oder langsamer - leeren. „Wir nennen es das “Gesetz des Urinierens„“, erklären die Wissenschaftler auf der Bühne - und drücken der nörgelnden Miss Sweetie Poo zur Bestechung ein Kuscheltier in die Hand, als sie sich über die lange Dankesrede beschwert.
  • Ein Ig-Nobelpreis geht auch an mehrere Forscher unter anderem aus Japan und der Slowakei. Sie hatten sich mit Auswirkungen und Nutzen von intensivem Küssen beschäftigt haben. „Wie Ihr Euch sicher vorstellen könnt, war das ziemlich harte Arbeit“, sagte Wissenschaftlerin Jaroslava Durdiaková in ihrer Dankesrede.
  • Mark Dingemanse aus den Niederlanden und seine Kollegen werden für die Entdeckung geehrt, dass das Wort „huh?“ (hä?) scheinbar in allen Sprachen der Welt vorkommt - und auch dafür, dass sie nicht wissen, warum das so ist.
  • Forscher um Diallah Karim aus Großbritannien werden geehrt, weil sie entdeckt haben, dass eine akute Blinddarmentzündung korrekt diagnostiziert werden kann anhand der Größe des Schmerzes der auftritt, wenn der Patient über eine Schwelle zur Geschwindigkeitsbegrenzung gefahren wird.
  • Michael L. Smith von der Cornell University in den USA bekommt den Preis, weil er sich von Bienen stechen ließ, um herauszufinden, wo es am wenigsten weht tut (Kopf, mittlere Zehenspitze, Oberarm) und wo am meisten (Nasenflügel, Oberlippe, Penis).

Die Trophäe bestand in diesem Jahr aus einem Blumentopf - ohne Pflanze. Marc Abrahams, Herausgeber einer wissenschaftlichen Zeitschrift zu kurioser Forschung, moderierte die Veranstaltung wie gewohnt mit zerrupftem Zylinder und beendete auch die Jubiläumsausgabe wieder mit seinen traditionellen Abschlussworten: „Wenn Sie dieses Jahr keinen Ig-Nobelpreis gewonnen haben - und besonders dann, wenn Sie einen gewonnen haben: mehr Glück im nächsten Jahr!“

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