Schimpansen erkennen Schädel von toten Artgenossen

Schimpansen erkennen Schädel von toten Artgenossen
Die nächsten Verwandten des Menschen identifizieren andere Affen wohl an den Zähnen, das zeigt eine japanische Studie.

Schimpansen scheinen tote Artgenossen selbst dann noch zu erkennen, wenn nur noch der Schädel übrig ist. Wie eine japanische Studie zeigt, betrachten die nächsten Verwandetn des Menschen Schimpansenschädel länger als Schädel anderer Arten. Die Aufmerksamkeit der Säugetiere gilt dabei besonders den Zähnen; diese sind ein Merkmal, auf das sie auch bei lebenden Artgenossen achten. Offenbar übertragen sie ihre Fähigkeiten zur Erkennung von Gesichtern auch auf unbelebte Schädel.

Menschenaffen begutachten tote Artgenossen genau

Schimpansen ähneln dem Menschen in vielen Verhaltensweisen: Sie führen Kriege und gehen auf die Jagd, verarzten verletzte Gruppenmitglieder und trauern um ihre Toten. Ähnlich wie bei Elefanten, die oft über lange Zeitspannen hinweg immer wieder zu Orten mit Elefantenskeletten zurückkehren, wurden auch Schimpansen dabei beobachtet, wie sie tote Artgenossen intensiv begutachten.

Vergleich mit Stein, Ratte, Katze und Hund

Inwieweit unsere nächsten Verwandten in der Lage sind, allein anhand des knöchernen Schädels zu erkennen, ob dieser zu einem Vertreter der eigenen Art gehört, habe nun André Gonçalves von der Universität Kyoto in Japan und sein Team untersucht. „Dazu haben wir Bilder von Gesichtern, Schädeln und schädelförmigen Steinen verwendet, die vier verschiedene Tierarten repräsentieren“, sagt Gonçalves. „Schimpansen, Ratten, Katzen und Hunde.“

Schimpansen erkennen Schädel von toten Artgenossen

Die Forscher folgten den Blicken der Affen.

Sieben Affen mittels Eye Tracking untersucht

Diese Bilder präsentierten die Forscher in drei aufeinanderfolgenden Experimenten sieben Schimpansen, die im Primatenforschungszentrum der Universität Kyoto leben. Mit Hilfe von Eye Tracking verfolgten sie dabei, wohin sich die Blicke ihrer tierischen Probanden richteten und wie lange sie die verschiedenen Bilder musterten.

Zunächst präsentierten die Forschenden den Schimpansen zeitgleich vier Bilder von je einem Schimpansen, einer Ratte, einer Katze und einem Hund – entweder als Porträtaufnahmen eines lebenden Tieres, als Skelettschädel oder in Form eines Steins, der dem Schädel der jeweiligen Art ähnelte. Erwartungsgemäß blickten die Schimpansen am längsten auf das Gesicht ihres Artgenossen und interessierten sich weniger für die Gesichter anderer Tierarten.

Wiedererkennung gesichtsähnlicher Züge

Das gleiche Ergebnis zeigte sich, wenn die Bilder vier verschiedene Schädeln zeigten. Auch dann fixierten die Schimpansen den Schimpansenschädel länger als die Schädel der anderen Tierarten. „Das legt nahe, dass die Schimpansen vertraute, gesichtsähnliche Züge auch bei den Schädeln erkennen können“, erklären Gonçalves und seine Kollegen. Dadurch waren die Schimpansen offenbar in der Lage, ihre eigene Art auch anhand des Schädels zu erkennen.

Zähne als wesentliches Merkmal

Um herauszufinden, auf welche Merkmale die Schimpansen bei Schädeln ein besonderes Augenmerk richten, präsentierten Gonçalves und sein Team ihnen Großaufnahmen von Schädeln und analysierten, wo der Blick der Schimpansen am längsten ruhte. „Sie betrachteten die Zähne der Schädel deutlich länger als die Augen- und die Nasenpartie“, berichten die Forschenden. Bei lebenden Artgenossen gibt der Blick auf den Mund wichtige Informationen über die Stimmung des Gegenübers preis – etwa, wenn er lächelt, gähnt oder die Zähne fletscht. Diesen soziobiologisch wichtigen Fokus scheinen die Schimpansen auf die Schädel zu übertragen.

Hirnscans könnten Aufschluss geben

Offen bleibt die Frage, was Schimpansen – ob wild oder in Gefangenschaft wie die japanischen Probanden – denken, wenn sie auf Schädel von Artgenossen blicken. Zukünftige Studien könnten womöglich mit Hilfe von Hirnscans Hinweise darauf geben.

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