Schädel von Kleopatras kleiner Schwester dürfte in Wien liegen
Von einem "Cold Case" ist in der Kriminologie immer dann die Rede, wenn Ermittlungen zu Verbrechen lange Zeit in Fragezeichen münden. Als rätselhaft könnte man auch den Fall von Arsinoe IV., Schwester der berühmten Kleopatra, bezeichnen.
In den Wirren des Alexandrinischen Krieges 48 und 47 v. Chr. spielte Arsinoe IV. eine bedeutende Rolle. Kurze Zeit wurde sie gar als Gegenkönigin zu Kleopatra eingesetzt. Caesar stellte sich aber hinter ihre mächtige Schwester. Arsinoe IV. fand Asyl in Ephesos, ihrem letzten bekannten Aufenthaltsort, wo sie schließlich in Kleopatras Auftrag ermordet wurde.
Oktogon von Ephesos gibt Rätsel auf
1906 legten Archäologen an der türkischen Westküste ein einzigartig anmutendes achteckiges Tempelgrab in der antiken Ruinenstätte Ephesos frei. Man fand das Skelett einer etwa 20-jährigen Frau, die vor mehr als 2000 Jahren in dem Oktogon beigesetzt wurde. Über die Identität der Toten sollte infolge jahrzehntelang gemutmaßt werden.
Im Laufe der Jahre begaben sich auch der Archäologe Peter Scherrer von der Uni Graz und sein Kollege Ernst Rudolf auf Spurensuche. In Wien ging diese kürzlich in die entscheidende Phase. "Wir haben immer vermutet, dass die sterblichen Überreste in diesem Grab zu Arsinoe IV. gehören", erklärt Scherrer. Allein die prominente Lage des Monuments – es liegt an der "Kuretenstraße", einer wichtigen Prozessionsstraße im Zentrum von Ephesos – ließ auf den hohen gesellschaftlichen Rang der Bestatteten schließen.
Historische Analysen bestätigten die Hypothese. Weitere Untersuchungen der sterblichen Überreste mittels neuartiger technologischer Verfahren gestalteten sich in jüngster Vergangenheit allerdings schwierig: Denn 1929 wurde der Schädel aus der Grabkammer entnommen. Lange Zeit galt er als verschollen.
Da Teile des originalen Mausoleums im Wiener Kunsthistorischen Museum stehen, hielt sich die These, dass sich auch der Kopf von Kleopatras Schwester in Österreich befinden könnte. Und tatsächlich: Wie nun bekannt wurde, wurde ein Schädel aus dieser Zeit in der Sammlung des Departments für Evolutionäre Anthropologie an der Universität Wien im Dezember 2022 gefunden und nach alten Fotos identifiziert.
Schädel kommt Schlüsselrolle zu
Bisher ließ sich aus den Skelett-Knochen keine verwertbare DNA gewinnen. Jetzt ruht die Hoffnung darauf, im Felsenbein des Schädels analysierbares Material zu isolieren. "Gelingt es, die DNA von Arsinoe IV. zu entschlüsseln, ermöglicht uns das, sie mit Proben anderer Mumien oder Skelette in Ägypten zu vergleichen", so Wissenschafter Rudolf.
Die genaue Analyse von DNA-Proben des Schädels könnte dazu beitragen, bei künftigen Grabungen weitere Mitglieder des Königshauses festzumachen. "So könnten wir eines Tages vielleicht auch das Grab Kleopatras, der letzten Königin aus der mazedonisch-ptolemäischen Königsdynastie, zweifelsfrei identifizieren", zeigt sich der Archäologe optimistisch.
Ihre Erkenntnisse haben Rudolf und Scherrer in dem Buch "The Octagon of Arsinoë IV. in Ephesos" zusammengefasst. Das Buch wird am 14. März um 18.00 Uhr im Ephesos-Museum der Antikensammlung des Kunsthistorischen Museums Wien, präsentiert.
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