Natur-Inventur: Das große Sterben der Arten geht weiter

Meeresschildkröten kämpfen ums Überleben.
Der aktuelle Living Planet Report zeigt, dass die Bestände der Wirbeltiere zurückgehen. Der WWF fordert ein Gegensteuern.

Die Entwicklung der Bestände vieler Wirbeltierarten werden im Living Planet Report des WWF erfasst - und die Bilanz der 2020-Ausgabe ist düster: Die global untersuchten Populationen von Säugetieren, Vögeln, Amphibien, Reptilien und Fischen sind im Schnitt um über zwei Drittel eingebrochen. Wäre der Report ein Index an der Börse, würde Panik ausbrechen, stellt WWF-Experte Georg Scattolin fest.

Erhebungen seit 1970 

Konkret sind die untersuchten Bestände wild lebender Arten seit 1970 um durchschnittlich 68 Prozent gesunken. Die Umweltorganisation stellt als Haupttreiber Flächenfraß, Übernutzung, Entwaldung und illegaler Handel fest und plädiert in einer Aussendung am Donnerstag dafür, einen grundlegenden Systemwechsel einzuleiten, um diese Entwicklung zu stoppen. "Wäre der Living-Planet-Index an der Börse, würde die größte Panik aller Zeiten ausbrechen", folgerte Scattolin, Leiter des internationalen Programms beim WWF Österreich. Ein Wende sei aber möglich, erfordere aber einen globalen Naturschutzpakt nach dem Vorbild des Pariser Klimavertrags.

Aktuell 4.392 Wirbeltier-Arten erfasst

Der Living-Planet-Index beruht auf Daten von 4.392 Arten und 20.811 Wirbeltier-Populationen. Die prozentuale Veränderung spiegelt die durchschnittliche proportionale Veränderung der Größe der Bestände über einen längeren Zeitraum wider - nicht die Anzahl der verlorenen Einzeltiere. In den am stärksten betroffenen Süßwasser-Lebensräumen haben die untersuchten Bestände sogar einen Verlust von durchschnittlich 84 Prozent erlitten. Insgesamt falle das Barometer des Living-Planet-Berichts in seiner 13. Auflage auf einen neuen Tiefstand. "Unsere Natur wird rücksichtslos ausgebeutet und zerstört, obwohl sie absolut systemrelevant ist", warnte Scattolin - und diese Zerstörung erhöhe auch die Wahrscheinlichkeiten für neue Pandemien.

Amazonas und Wasser arg in Gefahr

Vor allem der Amazonas werde rücksichtslos abgeholzt, und daher sanken untersuchte Wildtier-Bestände in Süd- und Zentralamerika noch stärker als anderswo. In Sachen Ökosystem sind Gewässer und Feuchtgebiete am stärksten betroffen.

Maßnahmen retten Leben

Der Living Planet Report bietet jedoch auch Positives: die Bestände der Buckelwale im westlichen Südatlantik haben sich dank des Walfangmoratoriums deutlich erholt. Auch die Singschwäne in Großbritannien konnten sich wegen der Schutzmaßnahmen in der Zahl verdoppeln. Was Österreich betrifft, so wurde hier der Flächenfraß kritisiert: WWF-Bodenschutz-Sprecherin Maria Schachinger hob die Lage der Flüsse hervor, die wegen des Ausbaus der Wasserkraft leiden: Nur noch 15 Prozent der Flüsse seien ökologisch intakt. Schachinger forderte: "Daher braucht es auch hier einen Systemwechsel."

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