Kontrollmuster aus tierischem Erbgut in Wien untersucht

Kontrollmuster aus tierischem Erbgut in Wien untersucht
Kontrollen für Erbgutzugang zeigen bei 580 Tierarten ähnliche Muster. Gewebeproben stammten aus akademischen Institutionen sowie vom Naschmarkt.

Die Zugangskontrollen zu den Erbgut-Informationen funktionieren bei verschiedensten Tierarten wohl schon seit 500 Millionen Jahren nach einem kaum veränderten Schema, berichten Wiener Forscher.

Die Verteilungsmuster der Zugangsschranken (DNA-Methylierungen) seien in Seesternen und Fischen sehr ähnlich wie bei Menschen. Viele solcher DNA-Methylierungen auf dem Erbgut zu besitzen, schützt Tiere zudem vor Krebs, erklären sie im Fachmagazin "Nature Communications".

Wachstumsgene ruhiggestellt

Zugangsschranken in Form von DNA-Methylierungen sorgen dafür, dass bestimmte Bereiche auf dem Erbgut besonders eng verpackt und dadurch zum Ablesen nicht verfügbar sind, so die Forscher um Christoph Bock vom Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in einer Aussendung: "Durch diese epigenetische Regulation ist eine Leberzelle zeitlebens eine Leberzelle und eine Herzzelle bleibt eine Herzzelle, obwohl alle Zellen des Körpers mit den gleichen Genen ausgestattet sind." Außerdem werden dadurch Wachstumsgene ruhiggestellt, die Krebs auslösen könnten, wenn sie zum falschen Zeitpunkt aktiv sind.

Bisher nur Mäuse und Menschen untersucht

Bisher wurden die Zugangskontrollmuster hauptsächlich in Säugetieren wie Menschen und Mäusen untersucht, und es fehlten die Vergleiche zu anderen Tiergruppen, erklärten die Forscher. Sie kartierten über zehn Jahre hinweg die DNA-Methylierung in 2.443 Gewebeproben von 580 Tierarten, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu finden.

Nebst Proben von der Wildtierpathologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien und dem Ocean Genome Legacy Center in Boston (USA) habe man etwa Speisefische und Muscheln vom Wiener Naschmarkt gekauft, sowie von Forscherkollegen Gewebe von Querzahnmolchen (Axolotln) und Kamelen erbeten.

Gemeinsame Vorfahren

Die Verteilung der DNA-Methylierung nach der genetischen DNA-Zeichenabfolge (Sequenz) ist bei Säugetieren, Vögeln, Reptilien, Amphibien, Fischen und wirbellosen Tieren sehr ähnlich, berichten die Forscher: "Wir konnten zum Beispiel die Verteilung der DNA-Methylierungen im Erbgut des Elefanten mit einem Modell vorhersagen, das wir für den Oktopus erstellt hatten." Dies zeige, dass die Muster schon "vor sehr langer Zeit" bei ihren gemeinsamen Vorfahren entworfen worden sind.

Trotz aller Gemeinsamkeiten gäbe es auch Unterschiede zwischen den Zugangskontrollmustern in den Tiergruppen: "Der genetische Code der Epigenetik ist in Wirbeltieren klarer und verbindlicher als in Wirbellosen", so Bock: Mit dem Aufkommen der Reptilien, Vögel und Säugetiere wurde die Verbindung zur genetischen Komponente stärker ausgeprägt als zuvor. Komplexe Tiere einschließlich des Menschen wären demnach besonders auf den epigenetische Schutz ihres Erbguts durch die DNA-Methylierung angewiesen, meint er.

Kontrolle bewahrt vor Krebs

Ein hohes Maß an Kontrolle bewahrt wohl auch große und langlebige Tiere davor, häufiger Krebs zu erleiden als kleine, kurzlebige Geschöpfe, obwohl sie mehr Zellen haben und diesen mehr Zeit zur Verfügung steht, zu Krebszellen zu entarten.

"Elefanten erkranken nicht häufiger an Krebs als Mäuse oder Forellen", so die Forscher. Je höher ihr "theoretisches Krebsrisiko" war, umso mehr Methylierungen waren auf ihrer DNA. "Dieser Zusammenhang zeigte sich bei Vögeln besonders deutlich", erklärten sie: "Es erscheint plausibel, dass die höhere DNA-Methylierung des Erbguts in Tier- und insbesondere Vogelarten mit großen Körpern und langen Leben einen erhöhten Schutz vor Krebs bietet."

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