Tatsächlich mögen es Echte Wespen warm und trocken. Bei derart günstigen Bedingungen starten die jungen Königinnen eher mit dem Nestbau und der Eiablage. Die Spermien für die Befruchtung tragen sie bereits seit Herbst in einer Samentasche mit. Den Larven füttern sie schließlich zerkaute Insekten. Schlüpfen die ersten Arbeiterinnen, schreiten Nestbau und Nachwuchspflege rasch voran. Bald besteht der Staat – je nach Art und Standort – aus 150 bis 4.000 Individuen.
Einjähriger Lebenszyklus
„Luftfeuchtigkeit und Temperatur sind die bestimmenden Faktoren für das Wachstum“, sagt Kohsem. Beginnt der einjährige Lebenszyklus der Insekten später, reicht er in den Herbst hinein; eine Verlängerung der Saison sieht der Fachmann nicht. „Wo es ein Nahrungsangebot und geeignete Nistplätze gibt, dort siedeln sich Wespen an“, sagt denn auch Biologe Harald Krenn von der Universität Wien und setzt pragmatisch nach: „In manchen Jahren gibt es mehr Wespen, in manchen weniger. Mit dem Klimawandel hat das nichts zu tun.“
Gewinner und Verlierer des Klimawandels
Freilich gebe es Gewinner und Verlierer der steigenden Temperaturen. Beispielsweise überwintern mittlerweile wärmeliebende Falter aus dem Mittelmeerraum in Städten nördlich der Alpen, früher sind sie alljährlich eingeflogen. So übersteht etwa der Admiral einen milden Winter und flattert schon im Frühling durch die Lande. Genauso hat sich die Gottesanbeterin hierzulande breitgemacht und ist inzwischen im Wienerwald heimisch. „Pauschal ist es aber schwierig, Aussagen über ,die‘ Insekten zu treffen. In Österreich kommen mehr als 40.000 Arten vor“, sagt Krenn und bedauert die dünne Datenlage; Forschungsgelder fehlen. Allein in Mitteleuropa sind Hunderte Wespenarten unterwegs.
International gehen Forscher davon aus, dass die durch den Klimawandel bedingten extremen Wetterereignisse der Tierchenwelt weiter zusetzen werden. Jede Veränderung im Ökosystem bedroht die komplexen Wechselbeziehungen zwischen Fauna und Flora. Schon jetzt belegen Studien das Massensterben der Insekten. Das University College London analysierte zuletzt Datensätze von 18.000 Insektenarten an 6.000 Orten aus über zwanzig Jahren. Das Resümee: In manchen Regionen sind die Populationen der Sechsfüßer um fast 50 Prozent zurückgegangen. Der Verlust schadet nicht nur der Natur, sondern auch dem Menschen.
Subjektive "Plage"
Zumindest was die Wespen betrifft, sieht Krenn „keine dramatische Entwicklung“: „Selbst wenn der Frühling mild und der Sommer heiß und trocken ist, werden nicht mehrere Generationen im Jahr gebildet. Außerdem finden die Tiere bei Dürre nichts zu fressen.“ Auch Kohsem bleibt gelassen: „Wespenplagen sind ein subjektives Gefühl. Die Leute sind empfindlicher geworden.“
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