Welche Tiere sich in der Bibel tummeln - und welche nicht
Die Zustände im Garten Eden müssen paradiesisch gewesen sein. Die Natur war bunt, die Artenvielfalt groß, trotzdem lebten Räuber und Beute friedlich Seite an Seite. Wer die Schöpfungsgeschichte kennt, weiß, dass nur vegan gefressen wurde – bis zum Auftritt des wortgewandten Schuppenkriechtiers.
„Nach einer alten Deutung spricht Eva nicht nur mit der Schlange, sondern geht auch eine sexuelle Liaison mit ihr ein“, beschreibt das Ehepaar Claudia und Simone Paganini in Die Biester der Bibel. Die Philosophin und der Theologe schlagen in ihrem Buch die unbekannten Seiten der Heiligen Schrift auf und erklären fundiert, „welche Rolle verschiedene Tiere spielen, und dass man manche Texte auch anders interpretieren kann“. Dabei decken sie nicht nur Übersetzungsfehler auf, sie berücksichtigen genauso das Alltagsleben vor rund 2.000 Jahren sowie das zoologische Fachwissen dieser vergangenen Tage.
„Die Biester der Bibel“ von Simone und Claudia Paganini. Gütersloher Verlagshaus. 176 Seiten. 16,50 Euro.
Mit Sauriern
Demnach hatte der Herrgott einen größeren Tiergarten als heute – mit Basilisk bis Ziegenbock, von Einhorn über Heuschrecke mit vier Geh- und zwei Sprungbeinen bis zum Wal. „Dinosaurier zählen zu den Tieren, die in der Bibel gar nicht vorkommen sollten, es aber trotzdem tun“, sagt der gebürtige Italiener mit Lehrstuhl an der Uni Aachen. An mehreren Stellen tummeln sich Drachen, Ungeheuer und krokodilähnliche Wesen, die nach heutigem Wissen durchaus als „Schreckliche Echsen“ durchgehen könnten. Im Jesajabuch kämpft Gott mit dem Untier, im Ijobbuch kommt der „Leviathan“ – Sinnbild des Teufels – als realer Meeressaurier daher. „Paläontologen haben in Israel und Palästina zahlreiche Fossilien gefunden“, untermauert der 50-Jährige seine These, „möglich, dass auch die Menschen zu biblischer Zeit versteinerte Knochen gefunden haben und in ihre Texte einfließen ließen“. Da Dinos auf Noahs Arche keinen Platz fanden, starben sie laut Bibel aus; so wie Einhörner, die mit der Sintflut untergingen.
Ohne Katzen
„In unserem zweiten Buchabschnitt beschreiben wir Tiere, die in der Bibel fehlen, obwohl sie vorkommen sollten“, sagt Paganini und nennt allen voran die Katze. Während die Vierbeiner im alten Ägypten hohes Ansehen genossen, würdigten die halbnomadischen Israeliten die Mäusejäger nicht. In der christlichen Malerei dagegen werden Katzen nicht selten mit Judas in Verbindung gebracht; im Mittelalter attestierte die Inquisition Hexen die Fähigkeit, sich in Katzen zu verwandeln. Flohen die Tiere dem Weihwasser, sollten sie tunlichst erschlagen werden.
Den Ochsen wiederum, der in keiner Weihnachtskrippe fehlt, stellte erst Franz von Assisi in den Stall. Weder Lukas noch Matthäus erwähnten in ihren Evangelien den kastrierten Stier. Kein Wunder, kennt Paganini den Grund: Rinder waren rund um Christi Geburt wertvolle Arbeitstiere, das Abschneiden der Hoden war jedoch nach jüdischem Gesetz verboten.
Recht auf Leben
„In unserem dritten großen Kapitel geht es um Tiere in ihrer rechtlichen Rolle“, sagt Claudia Paganini, die eine Professur für Medienethik an der Hochschule für Philosophie München innehat, und verweist auf die Killer-Kuh aus dem Buchuntertitel. Im Exodus wird der Stier, der einem Menschen einen tödlichen Stoß versetzt, als Mörder gerichtet. Typisch Bibel, wird die Blutschuld durch Steinigung gesühnt. Gleichzeitig stand das Vieh unter demselben Schutz wie Witwen, Waisen und Ausländer.
Glaubensfrage
„Es lohnt sich, die Bibel zu lesen, egal ob man gläubig ist oder nicht. Sie hat unsere Kultur und auch das Bild der Tiere stark geprägt“, sagt Simone Paganini und Claudia Paganini setzt nach: „Wir wollen Neugierde wecken und dazu beitragen, dass Menschen zu einem reiferen Bibelverständnis bzw. einem reiferen Glauben finden.“
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