Neun Zentimeter klein, dunkle Knopfaugen, spitze Nase, leicht buschiger Schwanz und eine schwarze Maske, die bis hinter die Ohren reicht: Drei Jahre lang stand Zorro zwischen Boden- und Neusiedler See auf der Fahndungsliste.
Nun haben die Österreichischen Bundesforste, der Naturschutzbund und ein privates Institut für Wildtierbiologie ihr Baumschläfer-Projekt abgeschlossen – und wertvolle Ergebnisse über den Wald und seine Bewohner gewonnen. Dabei war es nicht einfach, den streng geschützten Säugern auf die Spur zu kommen.
„Hierzulande fehlt das regelmäßige Monitoring für Bilche. Wir wussten also gar nicht, ob es Baumschläfer bei uns in nennenswerter Zahl gibt“, erinnert sich Zoologin Claudia Kubista von den Bundesforsten an die Anfänge der Erhebung.
Jetzt ist klar, dass Baumschläfer in Kärnten, Salzburg und der Steiermark bis in höhere Lagen vorkommen, während Gartenschläfer im Westen und Haselmäuse bevorzugt in Osten leben. Der Siebenschläfer ist in ganz Österreich heimisch.
Dazwischen lagen die Montage von 600 Nistkästen, die speziell für die Art gezimmert wurden, drei Kontrollgänge pro Jahr und die Auswertung von Daten, die überwiegend Hobby-Forscher beisteuerten.
Hobbyforscher machten die Ergebnisse erst möglich
„Ohne die Mithilfe der Bevölkerung hätten wir kaum Erkenntnisse“, dankt Kubista den engagierten Citizen Scientists. Rund 250 Meldungen gingen auf den Baumschläfer-Plattformen (u. a. baumschlaefer.at) ein, 59 davon identifizierten den grauen Nager eindeutig; eine historische Spitzenleistung, wurden doch in den vergangenen Hundert Jahren nicht so viele Tiere gesichtet wie während des Projekts.
Baumschläfer zählen wie Haselmäuse, Garten- und Siebenschläfer zur Familie der heimischen Bilche.
Baumschläfer sind mit rund 9 cm groß. Ihr Fell ist am Rücken grau, der Bauch ist weiß. Der schwarze Streifen um die Augen bis zu den Ohren hat dem Kleinsäuger den Spitznamen Zorro eingebracht. Der leicht buschige Schwanz ist körperlang.
Der vorwiegend nachtaktive Pflanzen/Allesfresser lebt ortstreu. Die Fortpflanzung beginnt nach dem Winterschlaf.
Der Baumschläfer ist sehr stimmfreudig. Bei Beunruhigung äußert er leise, lang gezogene, melodische und bei Gefahr schnalzende, knurrende oder pfeifende Töne.
Viele Nager liefen in die Fotofalle
Dabei präsentierten sich die meisten Baumschläfer als Fotomodel. Angelockt durch ein in Nussöl getränktes Baumwolltuch posierten sie – teils weniger scheu als vermutet – vor (Wildtier)Kameras. Manche konnten der Rosine im Spurentunnel nicht widerstehen und hinterließen nach dem gefundenen Fressen Pfotenabdrücke auf Papier: Die Röhre war – gleichsam einem Stempelkissen – mit einem Aktivkohle-Speiseöl-Mix präpariert. Hin und wieder halfen Katzen beim Aufspüren.
Technik wird bei der Suche helfen
„Die Suche nach noch so seltenen Arten ist wichtig, denn jede einzelne Spezies trägt zur Biodiversität bei“, erklärt die Artenschützerin, die das Monitoring mit moderner Technik fortsetzen wird. Aufnahmegeräte sollen bald die charakteristischen Rufe der Baumschläfer aufzeichnen und auswerten. Vorteil des KI-gestützten Lauschangriffs: Die Hörnchenverwandten werden auf ihren nächtlichen Streifzügen nicht gestört.
Garten für die Schlafmäuse gestalten
„Die Wahrscheinlichkeit, einen Baumschläfer zu erspähen, ist am Waldrand am größten“, schwärmt Kubista von den pelzigen Vierbeinern, die zeitlebens ihr Kindchenschema behalten, und appelliert: „Verzichten Sie im Garten auf Insektizide und Pestizide. Pflanzen Sie heimische Sträucher.“ Brombeere, Hagebutte und Schlehe etwa bieten ideale Verstecke und Nahrung für Bilchen aller Art. Nicht zuletzt locken Nistkästen, die in den Wintermonaten gereinigt werden können.
Baumschläfer ziehen sich in der kargen Jahreszeit nämlich in frostfreie Erdböden wie zwischen Baumwurzeln zurück. Die erwachsenen Tiere haben für heuer bereits ihre Körperfunktionen auf ein Minimum reduziert. Kubista: „Derzeit sind nur noch die Jungen unterwegs, um sich Fettreserven anzufressen.“ Frühestens ab März klettern die Zorros dann wieder dort, wo Mischwälder gesund und artenreich wachsen.
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