Artenvielfalt der Erholung: So unterschiedlich schlafen Tiere
Augen zu und ab ins Land der Träume – davon sind Haie weit entfernt. Zum einen können viele der lebenden Fossilien ihre Lider nicht richtig schließen, zum anderen müssen sie fast ständig in Bewegung bleiben. Als Knorpelfische verfügen sie über keine Schwimmblase, den Sauerstoff für den Auftrieb müssen sie kontinuierlich aus dem Wasser filtern. An Schlaf ist also nicht zu denken. Oder doch?
Um mehr über die Regeneration von Damebretthaien herauszufinden, setzte ein internationales Forscherteam sieben Cephaloscyllium isabellum in ein Becken, filmte die Tiere 24 Stunden lang und maß den O₂-Gehalt im Wasser. Die Höhe des Wertes gab schließlich Auskunft über den Stoffwechsel der Fische. So zeigte sich, dass Haie, die flach am Boden lagen, schliefen. Stützten sie sich auf ihre Vorderflossen, ruhten sie sich lediglich aus. Das berichten Shaun P. Collin und Kollegen im Fachmagazin Biology Letters. Die Wissenschafter vermuten, dass der Minuten-Schlaf Energie sparen soll.
Große Unterschiede
Ob Fische oder Insekten, Säuger, Reptilien oder Vögel: „Schlaf ist keineswegs bei allen Arten gleich“, sagt Peter Sziemer. Der Zoologe, der freiberuflich für das Naturhistorische Museum Wien NHM arbeitet, kennt die Tricks, mit denen Tiere ihren Körper und Geist fit halten.
In Bewegung
„Im Gegensatz zum Menschen können viele Tiere auch schlafen, wenn sie sich bewegen“, sagt Sziemer und verweist auf manche Zugvögel. Mauersegler etwa setzen sich nur zum Brüten hin. Sie jagen, trinken und paaren sich im Flug – und schlafen unterwegs. Dafür schalten sie ihr Hirn auf Autopilot und ziehen in großer Höhe enge Kreise. Auch Albatrosse schlafen segelnd über der Hochsee, sie können aber zusätzlich nach Möwen-Art auf dem Meer ausspannen. Eine Eigenart haben Fledermauspapageien entwickelt. Sie rasten kopfüber hängend nach Fledermausmanier. Ruft die Natur, spritzen sie den Kot in hohem Bogen weg, um ihr Gefieder nicht zu beschmutzen.
Hirn auf Erholung
„Die Definition von Schlaf im Tierreich ist weit gefasst. Gemeinsam ist, dass das Hirn auf Erholung gepolt ist“, sagt der Museumspädagoge. Die Dauer der Ruhephase freilich sagt nichts über deren Qualität aus. Fleischfresser beispielsweise – darunter Haus- wie Großkatzen – können es sich leisten, den Großteil des Tages zu schlummern. Einmal satt, kommt der Körper länger ohne Futter aus. Mäuse dagegen wechseln rasch im Schlaf-Wach-Rhythmus. Nervenzellen im Hirn melden den Nagern im Zwei-Stunden-Takt, dass sie müde sind – Tag oder Nacht. Andere Tiere, wie Eulen oder Falter, machen die ganze Nacht zum Tag. Füchse, Gämsen und Rehe, einst bei Licht auf Nahrungssuche, haben ihre Aktivitäten ins Dunkle verlegt. Auf diese Weise versuchen sie, Begegnungen mit Menschen zu entgehen.
Im Winter
„Der Winterschlaf ist ein Kapitel für sich. Er ist kein Erholungsschlaf“, betont Sziemer. Murmeltiere und Siebenschläfer z. B. fahren ihre Körperfunktionen über Monate extrem zurück, um die karge Jahreszeit zu überstehen. Wie Eichhörnchen und Bär unterbrechen sie die Ruhe, um im Regelbetrieb gesunden Schlaf zu bekommen. Hungrige Rothirsche machen es umgekehrt. Sie fallen nur in kalten Nächten, und da nur stundenweise, in tiefen Winterschlaf. Der verlangsamte Stoffwechsel hilft ihnen, Reserven zu schonen. Und bis zum sättigenden Frühling durchzuhalten.
Individuelle Lösungen
„Die Faustregel: Je größer ein Tier ist, desto eher schläft es im Stehen, stimmt nicht ganz“, sagt der Biologe. Tatsächlich verzichten Giraffen und Elefanten eher auf das anstrengende Auf und Nieder. Antilopen haben eine andere Motivation für ihre Standhaftigkeit. Sie riskieren es nicht, erst vom Boden aufspringen zu müssen, um zu fliehen. Der große Beutegreifer Wolf allerdings streckt alle Viere von sich. Pferde finden gar individuelle Lösungen, stehend oder liegend.
Im Traum
„Bei Hunden und Katzen ist ganz klar, dass sie träumen“, spricht Sziemer einen weiteren Aspekt des Schlafes an. Vor allem bei Säugern ist belegt, dass sie REM-Phasen durchleben. Das Hirn verarbeitet im Schlafmodus Erlebnisse. Die Haustiere treten dabei mit den Pfoten und geben Laute von sich. Ob Damebretthaie träumen, lässt Shaun P. Collin offen. Er hält aber fest: „Geschlossene Augen sind definitiv kein sicheres Zeichen für Schlaf.“
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