Wenn 67 Jahre später, am 13. April in Osaka, wieder eine Weltausstellung eröffnet, ist Österreich dort mit einem Pavillon vertreten, den das Wiener Architekturbüro BWM unter dem Motto „Composing the Future“ gestaltet hat. Blickfang ist eine Holzskulptur, die eine spiralförmig gewundene Notenzeile darstellt. In der Ausstellung selbst geht es dann aber weniger um musikalische als um „zukunftsweisende Technologien und innovative Lösungen, die zur Gestaltung einer nachhaltigen und inklusiven Gesellschaft beitragen“. Dafür sind diesmal keine Anschläge auf wertvolle Autografen zu befürchten.
Lippenstift und Rolltreppe
Die Weltausstellungen sind eng mit der industriellen Revolution verbunden. Ein Blick auf die Liste der bisherigen Weltausstellungen (siehe unten) macht deutlich, dass die längste Zeit fast ausschließlich westliche Industrieländer Weltausstellungen veranstalteten. Die erste fand 1851 in London statt, Paris war gleich sechs Mal Gastgeber, die USA sieben Mal. Stolz wurden Erfindungen wie der Lippenstift, die Espressomaschine, der Geschirrspüler oder die Rolltreppe präsentiert.
Weltausstellungen waren weltweit beachtete Großereignisse wie heute Olympia; nicht zufällig fanden die frühen Olympischen Spiele von 1900 (Paris) und 1904 (St. Louis) im Rahmenprogramm von Weltausstellungen statt. Seit Paris 1855 gehörten auch große Kunstausstellungen zum Portefeuille; vor allem aber waren Weltausstellungen oft wichtige Plattformen für Architektur.
Teils waren die Pavillons der Teilnehmerländer ambitioniert gestaltet; teils entstanden spektakuläre Bauten wie die Rotunde (Wien 1873) oder der Eiffelturm (Paris 1889), deren Strahlkraft weit über die Weltausstellungen hinaus reichte.
Eine Weltausstellung wirkte in zwei Richtungen. Einerseits holte sie die Welt ins Land; andererseits gab es dem Veranstalter die Gelegenheit, sich der Welt zu präsentieren. Für die meisten Menschen des 19. Jahrhunderts waren Weltreisen ein Ding der Unmöglichkeit; der Besuch einer Weltausstellung aber konnte eine Alternative sein.
„Völkerschauen“
Zu beliebten Attraktionen der frühen Weltausstellungen gehörten Darstellungen fremder Länder; die Teilnehmerstaaten präsentierten Nachbauten von Sehenswürdigkeiten, landestypische Bauten oder Gebräuche.
Weltausstellungen waren aber auch Zeugnisse kolonialistischer Machtausübung. In aus heutiger Perspektive menschenverachtenden „Völkerschauen“ wurden indigene Bewohner des Gastgeberlands oder aus dessen Kolonien zur Schau gestellt. Noch in Brüssel 1958 war den belgischen Kolonien Kongo und Ruanda ein Pavillon gewidmet .
Je weiter die Globalisierung fortschreitet, desto stärker schwindet die Attraktivität von Weltausstellungen. Von den 36 bisherigen Ausgaben fanden zwei Drittel vor dem Zweiten Weltkrieg statt. Die Weltausstellung präsentierte die Welt als Dorf, in dem jede Hütte einen Staat repräsentierte. Heute braucht es keine Ausstellung mehr, um die Welt als globales Dorf zu inszenieren.
Kommentare