Hassgeliebtes "Stahlgerippe": Eiffelturmbau vor 130 Jahren

Frankreichs Wahrzeichen entstand vor 130 Jahren
Vor 130 Jahren wurde der Eiffelturm in Paris gebaut. Als er fertig war, wollten ihn viele gleich wieder abreißen lassen.

Noch bevor er stand, hassten sie ihn. "Schwindelerregend lächerlich" sei der Turm. Er dominiere die Stadt wie ein "gigantischer, schwarzer Fabrikschornstein" und erdrücke ihre würdevolle Architektur mit seiner "barbarischen Masse". Das geht aus dem Protest-Brief von Schriftsteller Guy de Maupassant hervor. Neben Émile Zola, Literaturkritiker und Journalist, sowie dem Architekten der Pariser Oper, Charles Garnier, unterschrieben im Februar 1887 weitere Künstler das Anti-Turm-Manifest. Geholfen hat es nicht. Vor 130 Jahren begann der Bau zu einem der meistbesuchten Monumente der Welt. Die "eiserne Dame" war hart im Nehmen. Sie überstand allerlei Spott, Abrisspläne und zwei Weltkriege.

"Größer, weiter, schneller" – gilt nicht erst, seit in Dubai Wolkenkratzer emporschossen. Robert Stalla, Kunsthistoriker und Professor an der Technischen Universität Wien, ortet den Anfang diese Hypes, der bis heute anhält, um 1884. Mit den ersten Plänen zum Eiffelturm begann der Wettlauf. "Es ging um Geld, Macht, technisches Know-how. Und darum, wer schafft es zuerst, das höchste Gebäude der Welt zu errichten." Pünktlich zur Weltausstellung im Mai 1889 sollte es fertig sein. Die Franzosen wollten bei der Leistungsschau nicht nur die Konkurrenz-Nation England in den Schatten stellen. Sondern auch das hundertjährige Jubiläum der Revolution feiern – mit einem 300 Meter hohen Monument.

Pläne

Doch für das spektakuläre Objekt musste man eine geeignete, vertikale Konstruktion planen. "Sie mussten eine Lösung finden, die dem enormen Winddruck bei Gebäuden in dieser Höhe standhält", erklärt Stalla. Daran scheiterten bereits US-Ingenieure, die 1876 einen ähnlich hohen Turm in Philadelphia bauen wollten.

Alexandre Gustave Eiffel, geboren 1832 als Sohn eines deutschen Einwanderers, war sich dessen bewusst. Er war ein gefragter Ingenieur, baute Eisenbahnbrücken von Chile bis Ungarn – in dieser Technik fand er auch eine Lösung. Seine Mitarbeiter konstruierten am Papier vier mächtige Stützpfeiler, sie mussten offen und stabil sein, dass der Wind durchpfeifen kann, aber kein zu großer Druck entsteht. Schnell reichten sie ein Patent ein, für ein "neues Verfahren, das es erlaubt, Metallpfeiler und Pylonen von einer Höhe zu bauen, die 300 Meter übersteigen kann".

Optisch sollte der Turm zwei Monumente vereinen. Der untere Teil sah aus wie ein Triumphbogen. Ein Eingangsportal, unter dem die Besucher durchspazieren sollten. Höhe und Spitze ähnelten einem Obelisken: Im alten Ägypten stellte er die Verbindung zur Götterwelt dar. Mit dem Turmbau zu Babel war der Traum vom Turm schon in der Bibel verankert, erklärt Stalla. Der Leuchtturm von Alexandria war mit 140 Metern der höchste Turm der Antike. Im Mittelalter folgte der Bau großer Münster und Dome, etwa in Ulm und Köln. "Hoch hinaus bauen war ein Herrschaftszeichen, es war früher – wie heute – teuer."

Proteste

Von 100 Bewerbern erhielten Eiffel und sein Team 1886 den Zuschlag. Aber bevor sie die ersten Fundamente setzen sollten, protestierten bereits Künstler und Intellektuelle. Für Robert Stalla steckte mehr dahinter: "Es war eine offene Kontroverse zwischen Bauingenieuren und Architekten – sie stritten über Funktionalismus und Historismus." Die Frage war: Durfte man ein Stahlgerüst wie den Eiffelturm einfach ohne Verkleidung stehen lassen? "Traditionalisten hätten sich vermutlich eine historistische Verkleidung gewünscht, wie man sie an Garniers Oper bewundern konnte." Auch beim Washington Monument, ein Ergebnis hoher Ingenieurskunst, wurde der Mauerkern mit Marmor verkleidet. Keiner ärgerte sich, die Ästhetik blieb traditionell, erklärt Stalla. Nicht so beim Eiffelturm. Er provozierte in den Augen von Architekten und Künstlern mit einer sichtbaren Eisenkonstruktion – die stand für Industriebau, Hallen und Brücken.

Dennoch verlief die Eröffnung der Weltausstellung bestens. Mehr als 28.922 Besucher erklommen das neue Wahrzeichen in der ersten Woche, obwohl die Aufzüge noch nicht richtig funktionierten. Auch Schriftsteller Guy de Maupassant, der das "Stahlgerippe" verabscheute, speiste später regelmäßig im Restaurant des Turms. Nur, um ihn nicht sehen zu müssen.

Zahlen und Fakten:

- 3629 Detailpläne wurden für die Ausführung der komplizierten Knotenverbindungen von den Ingenieuren angefertigt.

- Zweieinhalb Millionen Nieten,

- 18.000 Eisenteile sind für den Turm verbaut worden.

- Zwei Jahre dauerten die Arbeiten am 324 Meter hohen Eisenfachwerkturm.

- 20 Jahre sollte der Turm stehen. Um den Abriss zu verhindern, gab Eiffel ihm einen wissenschaftlichen Nutzen, letztendlich als riesige Antenne für Radioübertragung.

- 18-mal wurde der Turm seit der Errichtung gestrichen um ihn vor Korrossion zu schützen – also etwa alle 7 Jahre.

- 60 Tonnen Farbe braucht man für einen Anstrich.

- 25 Arbeiter sind damit ein Jahr beschäftigt.

- Bis 1930 war der Eiffelturm das höchste Gebäude der Welt. Er wurde vom Chrysler Building abgelöst.

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