Unesco sieht trotz Schulöffnungen Bildungsrückstand durch Pandemie

Leeres Klassenzimmer
Weltweit schlossen während der Corona-Krise die meisten Länder ihre Schulen. Inzwischen gibt es einen Kurswechsel.

Auf kurze Freude darüber, schulfrei zu haben, folgten bei den Schulschließungen rund um den Globus in der ersten Phase der Corona-Pandemie oft soziale Isolation, Lernrückstände und Frust. Nun hat die UN-Kultur- und Bildungsorganisation Unesco zum Internationalen Tag der Bildung am Montag eine gute Nachricht parat: Im weiteren Verlauf der Pandemie hat es weltweit einen Strategiewechsel gegeben, in den allermeisten Ländern sind die Schulen überwiegend geöffnet.

Warnung vor Langzeitfolgen

Die Bildungsexperten warnen jedoch vor den Langzeitfolgen der überstandenen Schließungen und fordern eine Stärkung der Schulen für folgende Krisen. "In 135 Ländern sind die Schulen überwiegend geöffnet", sagt die stellvertretende Unesco-Generaldirektorin für Bildung, Stefania Giannini, in Paris. Nur zwölf Länder hätten sich weiterhin dazu entschieden, die Schulen geschlossen zu halten. Im weltweiten Durchschnitt seien die Schulen an 20 Wochen geschlossen und an weiteren 20 Wochen nur eingeschränkt geöffnet gewesen. Je nach Erdteil sei der Schulkurs unterschiedlich gewesen. "In Uganda haben die Schulen gerade erst nach 80 Wochen Schließung wieder geöffnet." Auch in Kuwait, Bangladesch und auf den Philippinen habe es lange Schließzeiten gegeben.

In Europa und Nordamerika lag der Durchschnitt bei 20 bis 23 Wochen geschlossenen Schulen, so Giannini. Frankreich etwa schloss die Schulen nur für sieben Wochen, an fünf weiteren Wochen gab es eingeschränkten Betrieb. In Deutschland waren es nach früheren Angaben im Durchschnitt der Bundesländer 17 Wochen Schließzeit an weiterführenden Schulen. Aktuell gibt es nach Angaben der Kultusministerkonferenz an rund 580 Schulen in Deutschland, das sind gut zwei Prozent, einen eingeschränkten Betrieb.

Kurswechsel um Zuge der Pandemie

"Die gute Nachricht ist, dass die Regierungen sich nun entschieden haben, die Schulen offenzuhalten, egal welche Anstrengungen dies erfordert", sagte Unesco-Expertin Giannini. Dies stehe in einem starken Kontrast zur Situation vor einem Jahr, als die meisten Schulen geschlossen waren. Gründe für den Kurswechsel seien die Impfkampagnen, bessere Hygienepläne für Schulen und ein "Learning-by-doing"-Effekt. Man sei sich auch der Bedeutung des Präsenzunterrichts bewusst geworden. "Es gibt eine globale Anerkennung der Schule als sozialem Ort und als Ort des Austausches."

Doch es gebe Langfristfolgen der Schulschließungen, sagt Giannini auch. Die Qualität des Lernens habe gelitten, hinsichtlich der Fähigkeiten im Lesen und Verstehen etwa. Die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer, warnt vor schwerwiegenden Folgen gerade für diejenigen, die es schon davor schwer hatten, im Bildungssystem Fuß zu fassen. "Die Auswirkungen der Schulschließungen auf das Lernen junger Menschen könnten weltweit zu den kostspieligsten Folgen der Pandemie zählen." Hunderte Millionen junger Menschen hätten schon zuvor keinen Zugang zu Schulbildung gehabt, die Pandemie drohe weitere Bildungsrückstände hervorzurufen.

Es gelte, nach der Corona-Krise dauerhaft bessere Bildungschancen zu schaffen, erklärte Unesco-Generalsekretärin Audrey Azoulay. "Wir müssen die Ungerechtigkeiten der Vergangenheit wieder gutmachen und den digitalen Wandel auf Inklusion und Gerechtigkeit ausrichten." Für Deutschland forderte Unesco-Vertreterin Böhmer ebenfalls einen Ausbau der Digitalisierung in der Bildung. "Fernunterricht kann aber nur ein unvollkommener Ersatz für die verlorene Unterrichtszeit im Klassenzimmer sein."

Kommentare