"Gehen mit Alkohol zu locker um"

"Gehen mit Alkohol zu locker um"
350.000 Österreicher sind alkoholkrank. 375 Mio. Euro entstehen nur an medizinischen Kosten.

„In Österreich bekommen Sie sogar auf Gesundheitskongressen schon zu Mittag Bier und Wein zum Essen. Es fehlt an Bewusstsein“, sagt der Mediziner und Volkswirt Thomas Czypionka vom Insitut für Höhere Studien (IHS). Jeder vierte Mann und jede zehnte Frau konsumieren Alkohol in einer Menge, die gesundheitsgefährdend ist. Bei den Konsummenten liegt Österreich hinter Frankreich und Portugal im OECD-Vergleich an dritter Stelle. Czypionka leitet ein IHS-Team, das die „volkswirtschaftlichen Effekte der Alkoholkrankheit“ berechnet.

Viele Erkrankungen

2011 betrugen die direkten medizinischen Kosten 375 Millionen Euro, das sind 1,4 Prozent aller Kosten im Gesundheitswesen. Darin enthalten ist die Behandlung der Alkoholkrankheit und ihrer Folgen – also etwa Gastritis, Leberzirrhose, Herz- und Krebserkrankungen oder auch Depressionen. Die Einnahmen aus der Alkohol- und Biersteuer betrugen 2011 321 Mio. Euro. Den Krankenkassen entstanden zusätzlich 6,52 Mio. Euro an Krankengeldzahlungen. „Dabei ziehen wir als Vergleich keine alkoholfreie Gesellschaft heran, sondern eine mit einem rein verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol“, betont Czypionka.

Die indirekten Kosten (z. B. durch Arbeitsausfälle, Frühpensionierungen) sind „wahrscheinlich noch um ein Vielfaches höher“. Diese Daten werden erst im Sommer publiziert.

Zum Vergleich: Durch das Rauchen fallen laut IHS jährliche medizinische Kosten für die Behandlung von Folgeerkrankungen von 760 Millionen Euro an (3,3 Prozent der Gesundheitsausgaben) – dieser Wert ist durch die höhere Zahl der Raucher größer. Für Prävention (aller Krankheiten) werden in Österreich 1,5 % der öffentlichen Gesundheitsausgaben aufgewendet (EU-Schnitt: 2 %) – so viel, wie die Alkoholkrankheit das System kostet.

„Wir gehen mit dem Thema Alkohol zu locker um, bei uns ist es völlig normal, am Wochenende berauscht zu sein. Wenn es aber dann Probleme gibt – etwa am Arbeitsplatz – schauen wir sehr schnell weg“, kritisiert Czypionka. „In Zürich bekommt man nach 16 Uhr auf dem Bahnhof keinen Alkohol mehr. Das schafft Bewusstsein für einen vernünftigen Umgang.“

Mehr Prävention

Seine Hoffnung sei, dass in Zukunft – auch durch die Gesundheitsreform – mehr Bedeutung auf Prävention und auf die frühe Behandlung psychischer Krankheiten gelegt wird, die eine Alkoholkrankheit begünstigen können: „In diesen Bereichen kann man das Geld sinnvoller einsetzen. Behandelt man psychische Krankheiten in der Frühphase, geht es den Menschen besser. Behandelt man nur die Folgeerkrankungen einer Alkoholkrankheit, geht es alleine dadurch den Menschen noch nicht besser.“

Infos: www.ihs.ac.at oder www.alk-info.com

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