Warum Sie Ihrer Leber mehr Aufmerksamkeit schenken sollten
"Sie haben halt ein bisserl eine Fettleber." – "Das hören viele Patienten immer noch, wenn – oft als Nebenbefund einer Ultraschalluntersuchung – diese Diagnose gestellt wird. Das Thema wird bagatellisiert und nicht ernst genommen", sagt Gastroenterologe Priv.-Doz. Thomas-Matthias Scherzer. Er hat in Wien das erste "Fettleber-Zentrum" (www.fettleber-zentrum.at) eröffnet – eine Reaktion auf steigende Patientenzahlen in diesem Bereich.
"Man kann bei der Fettleber von einer heranrollenden Lawine sprechen", sagt Univ.-Prof. Michael Trauner, Vorstand der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der MedUni Wien / AKH Wien. "In der Vergangenheit wurde dieses Thema unterschätzt – und teilweise auch trivialisiert. Aber schon 20-Jährige haben heute eine solche Fettleber."
Bauchfett = Leberfett
Zu hohe Kalorienzufuhr, (bauchbetontes) Übergewicht und Bewegungsmangel sind die klassischen Risikofaktoren. Mehr Bauchfett heißt in der Regel auch mehr Leberfett. "In den USA ist die Fettleber nach Hepatitiserkrankungen bereits die zweithäufigste Ursache für Lebertransplantationen – vor den durch Alkoholkonsum bedingten Leberzirrhosen", sagt Trauner.
Zucker wird zu Fett
Ein Problem ist der ansteigende Einsatz von Fruktose ("Fruchtzucker"). Wegen der höheren Süßkraft als jener von Saccharose ("Haushaltszucker") wird Fruktose zunehmend als Süßungsmittel und Geschmacksverstärker in verarbeiteten Lebensmitteln – etwa in Softdrinks – eingesetzt: Fruktose wird aber von Leberenzymen in Triglyzeride umgewandelt – und dieses Fett lagert sich in der Leber ein.
Im Anfangsstadium ist der Prozess durch eine Änderung des Lebensstils noch umkehrbar: "Bereits ein Gewichtsverlust von fünf bis zehn Prozent des Körpergewichts hat positive Effekte." Gefährlich wird es, wenn es zu Entzündungen kommt: Gesunde Leberzellen sterben ab und werden durch narbiges, hartes Bindegewebe ersetzt – der Weg zur Leberzirrhose ("Schrumpfleber"). Und dieser Prozess kann nur aufgehalten, aber nicht rückgängig gemacht werden.
Kaffeekonsum schützt
„Kaffeekonsum hat schützende Effekte auf die Leber“, sagt Gastroenterologe Trauner. Ende 2015 zeigte sich in einer europäischen Langzeiternährungsstudie (EPIC): Menschen, die täglich öfter als vier Mal Kaffee konsumieren, haben – im Vergleich zu jenen, die weniger als zwei Häferln trinken – ein um 75 Prozent vermindertes Risiko, an Leberkrebs zu erkranken.
Wenn der Darm entzündet ist
Die Fettleber ist aber nicht das Einzige, was die Gastroenterologen (Magen-Darm-Spezialisten) und Hepatologen (Leberexperten) ab Donnerstag auf ihrer Jahrestagung beschäftigt: "Die Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) – Morbus Crohn und Colitis ulcerosa – werden immer jünger", sagt CED-Spezialist Univ.-Prof. Harald Vogelsang von der MedUni Wien (Durchschnittsalter 20 bis 40 Jahre). Starke Hygiene, viele Antibiotika in der Kindheit, Rauchen und Stress können – bei entsprechender genetischer Veranlagung – die Darmflora so beeinflussen, dass es zu einer Entzündung kommt. "Mit modernen Antikörper-Therapien sind heute bei vielen Patienten gute Behandlungserfolge möglich – vor allem bei einer frühzeitigen Diagnose." Allerdings: "Oft dauert es zwei bis drei Jahre, bis die Krankheit erkannt wird – und das begünstigt ihr Voranschreiten."
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