An der Rezeptur orientiert
Das Eintauchen in die Vielfalt der gefüllten Teigtaschen entpuppte sich als anspruchsvoll. Denn Teigtasche ist nicht gleich Teigtasche: "Es gibt weltweit mehr als 200 Arten", beschreibt Todisco im KURIER-Gespräch. "Welche, deren Teig Eier enthält, welche ohne, welche mit Weich- oder Hartweizenmehl, große und kleine, gefaltete oder gewickelte, flache und dreidimensionale, vegetarisch gefüllte und Fleischvarianten." Neben den Zutaten spielte bei der Einteilung die Zubereitung eine Rolle.
In die Studie schafften es schließlich 37 Arten. 28 italienische Pasta ripiena – "die wichtigsten eben", sagt Todisco. Darüber hinaus wurden Arten aus anderen Teilen der Welt, etwa türkische Manti, deutsche Maultaschen, polnische Pierogi, jüdische Kreplach, chinesische Wonton oder japanische Gyoza beschrieben. Sie flossen nicht in die folgende Analyse ein.
Schmackhafte Spurensuche führt nach Norditalien
Für ebendiese wandte die Forschungsgruppe jene Methoden an, die ihnen bereits bei der Untersuchung von Schmetterlingen Aufschlussreiches über Verwandtschaftsbeziehungen und geografische Verbreitung offenbart hatten.
Zunächst kristallisierten sich zwei Teigtaschen-Hauptgruppen heraus: flache und dreidimensional geformte. "Es sieht so aus, als lägen Wurzeln von Pasta ripiena im Norden Italiens. An diesem Ort konnten wir auch die größte Vielfalt an Rezepturen dokumentieren." Vom Norden aus hätten Ravioli und Tortellini folglich Küchen im Rest des Landes erobert.
Mit einer Ausnahme: sardische Culurgiones. Die oval geformten, ravioliähnlichen Taschen mit Kartoffel-Käsefüllung scheinen nicht mit norditalienischer Pasta ripiena verwandt. "Die Pasta ripiena, die wir auf Sardinien gefunden haben, hat keine gemeinsamen Wurzeln mit anderen italienischen Tortellini oder Ravioli", präzisiert Todisco. Es scheint, als hätten sich Teigtaschen auf der klimatisch und historisch abgekoppelten Insel separat entwickelt. "Soweit wir wissen, ist dies die erste Studie, die Belege für eine wissenschaftliche Klassifizierung der italienischen Pasta ripiena liefert", zeigt sich Todisco stolz.
Rezepte folgten Nahrungsmittelverfügbarkeit
Die Vielfalt der Teigtaschen-Rezepturen spiegle die Nahrungsmittelverfügbarkeit in einer Region: "Wir gehen davon aus, dass die Füllungen das Nahrungsmittelangebot früherer Zeiten reflektieren. Es scheint plausibel, dass Menschen den Teig mit jenen landwirtschaftlichen Produkten hergestellt haben, die zur Verfügung standen."
Aber wo auf der Welt wurde denn nun die Idee, Füllung in Teig zu packen, geboren? Oft wird der Ursprung in Asien verortet. "Das können wir auf Basis unserer Daten nicht beantworten. Wir sind aber am überlegen, die Frage in weiteren Studien zu beleuchten", sagt Todisco, die offensichtlich Gefallen an kulinarischer Forschung gefunden hat.
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