Milch: Besser als ihr Ruf?

Milch: Besser als ihr Ruf?
Verdauungsprobleme, Osteoporose, Krebs – was an den Vorwürfen von Milchgegnern dran ist.

Seit kurzem ist in Amerika eine neue Milch auf dem Markt – sie ist laktosefrei, enthält 30 Prozent mehr Kalzium und 50 Prozent weniger Zucker als normale Milch. Die "Super-Milch" von Coca-Cola soll Amerikaner animieren, wieder mehr zu Milch zu greifen. Ihr Konsum ging in den USA in den vergangenen zehn Jahren stetig zurück.

Eine Ursache dafür ist das angekratzte Image von Kuhmilch. Vorwürfe von Kritikern wie Milch mache dick, erhöhe das Risiko für Diabetes, Osteoporose und Krebs, sorgen auch hierzulande für ein bröckelndes Image. Der durchschnittliche Österreicher konsumiert deutlich weniger Milchprodukte als Ernährungsempfehlungen vorgeben. Von den empfohlenen 475 Gramm täglich erreichen wir im Schnitt 175. "Grundsätzlich ist nichts Schlechtes an Milch, sie enthält wichtige Nährstoffe, vor allem Kalzium, die man durch andere Produkte nicht so einfach aufnehmen kann. Es kommt aber auf die Menge an", sagt Univ.-Prof. Jürgen König, Ernährungswissenschaftler an der Uni Wien.

Veränderter Konsum

Von Ernährungsgesellschaften empfohlen werden täglich drei Portionen, wobei eine Portion 200ml Milch, 180 bis 250g Joghurt oder 50 bis 60g Käse entspricht. Vor allem Verdauungsprobleme durch Laktoseunverträglichkeit hätten den Konsum verändert. Tatsächlich haben 80 Prozent der Käufer laktosearmer Produkte gar keine Intoleranz. "In der Diskussion um Milch werden oft vermeintliche Effekte vorgebracht. Dass Milchkonsum etwa Osteoporose begünstigen soll, kann ich – nachdem ich mir die Studien dazu angesehen habe – nicht nachvollziehen", meint König.

Auch, dass Milch dick macht oder das Diabetesrisiko erhöht, stimme nicht. "Es geht immer um die gesamte Ernährung, nicht um ein einzelnes Produkt. Wenn jemand zu viel und ungesund isst, steigt die Wahrscheinlichkeit für Übergewicht und Diabetes. Sie sinkt aber nicht, wenn Milch weggelassen wird", meint König. Studien zeigen, dass Milchprodukte einen positiven Einfluss auf ein normales Körpergewicht haben können, sagt auch Angela Mörixbauer, Ernährungsexpertin und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Verbandes der Ernährungswissenschaftler Österreichs.

Krebserregend?

Der immer wieder auftauchende Vorwurf, Milch sei krebserregend, sei wissenschaftlich nicht belegbar. "Die aktuelle Studienlage spricht dagegen. Im Gegenteil: Bei manchen Krebsarten scheint der Konsum von Milch und Milchprodukten sogar einen Schutzeffekt zu haben", berichtet Mörixbauer. Meta-Studien führen etwa zu dem Schluss, dass ein hoher Milchkonsum zu einem reduzierten Risiko für Brust-, Magen- und Darmkrebs führe.

Ein weiteres Argument, das häufig vorgebracht wird, ist, dass in der Milch Wachstums- und Sexualhormone für das Kalb enthalten sind, die auch für den Menschen wirksam seien. Dazu Mörixbauer: "Die Mengen an Sexualhormonen, die der menschliche Körper selbst produziert, sind um ein Vielfaches höher als jene Mengen, die in der Milch vorkommen. Auch der Gehalt an Wachstumshormonen ist kaum relevant." Hinzu komme, dass Hormone, die mit der Nahrung aufgenommen werden, größtenteils verdaut werden und nicht intakt in den Körper gelangen.

Zwar könne die ethische Frage ihrer Produktion diskutiert werden, die Milch selbst sei für den Menschen allerdings ein wertvolles Nahrungsmittel, so Ernährungsexperte König. Auch ohne künstliche Zusätze.

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Bundesweiter "Tag des Kaffees"

Pflanzliche Milchersatzprodukte wie Soja-, Mandel-, Getreide- und Reismilch haben in den vergangenen Jahren in den Supermarktregalen zugenommen. Wer aus tierethischen oder anderen Gründen dazu greift, sollte allerdings auf die Inhaltsstoffe schauen, rät Ernährungsexpertin Angela Mörixbauer: "Der Kalzium- und auch der Eiweißgehalt von Milchersatzprodukten ist in der Regel – falls sie nicht angereichert wurden – deutlich geringer. Wer auf Kuhmilch verzichtet, sollte alternative Kalziumquellen bewusst einbauen."

In Bezug auf den Eiweißgehalt, ist Sojamilch eine gute Alternative. Mörixbauer: "Sie ist die einzige pflanzliche Variante, die einen annähernd hohen Eiweißgehalt aufweist wie Kuhmilch." 100ml Sojamilch enthalten 2,4g Eiweiß, bei Kuhmilch sind es 3,3g.

Nährstoffarm

Reis- und Getreidemilch (z.B. Hafer) sind hingegen nährstoffarm, weshalb meist Kalzium und/oder Vitamine zugesetzt werden. Der Eiweißgehalt liegt nur bei einem Zehntel von Kuhmilch. Lebensmittelrechtlich darf übrigens nur Kuhmilch als Milch bezeichnet werden, stammt sie von anderen Tieren, muss dies dabeistehen (z.B. Schafmilch). Pflanzliche Produkte heißen deshalb oft "Sojadrink" oder "Mandelgetränk".

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