Wackelt heuer die mündliche Matura?
57 Tage Unterricht in der Schule, 58 Tage zu Hause vor dem Laptop: So wie der Bundesschulsprecherin Alexandra Bosek ging es heuer fast allen 40.000 Maturantinnen und Maturanten.Klar, dass da die Vorbereitung auf die Reifeprüfung eine weitaus größere Herausforderung war als in pandemiefreien Zeiten. „Deshalb wollen wir, dass die mündliche Matura nicht verpflichtend sein soll. Es ist anstrengend genug, für die schriftlichen Fächer im Distanz-Unterricht zu lernen“, meint Bosek.
Die Matura ganz abzusagen, wie es zum Beispiel die Tschechen machen, sei aber keine Option.
Mit ihrer Forderung ist sie nicht allein. Schon im November hatte Maximilian Held gemeinsam mit Alex und Leonhard Leitinger privat die Petition für eine „Fairtura“ – eine faire Matura – gestartet, die mittlerweile 25.000 Unterzeichner hat. Ihr Hauptanliegen: Sie wollen Klarheit darüber, wie der Fahrplan zur Reifeprüfung aussieht.
Auf schriftliche Matura fokussieren
Für Schulsprecherin Bosek steht fest: „Wir müssen uns jetzt auf die schriftliche Matura fokussieren. Dass die Noten aus dem Abschlussjahr mit ins Maturazeugnis eingerechnet werden, bringt oft nichts. Viele haben aufgrund des digitalen Unterrichts nämlich sogar schlechtere Noten als in den Vorjahren.“ Erschwerend komme hinzu, dass das Lernen auf Distanz nicht überall gleich gut funktioniert. Manche Schulen waren technisch und organisatorisch hier gut aufgestellt, andere weniger. Die vom Ministerium finanzierten Extra-Stunden könnten dieses Defizit nur bedingt ausgleichen „zumal ja auch die Lernzeit begrenzt ist“, weiß Bosek.
Doch das ist nicht das einzige Problem, wie Elisabeth Rosenberger vom Bundeselternverband betont: „In den Höheren Lehranstalten für landwirtschaftliche Berufe weiß man immer noch nicht, ob die Berufsfähigkeitsprüfungen stattfinden. Das sind Kochprüfungen, die jetzt wohl gar nicht so einfach zu machen sind – einen Zwei-Meter-Abstand kann man in der Küche schwer einhalten.“
Corona-Stempel
Eine Regelung zu finden, die für fast alle passt, ist nicht leicht, weiß Isabella Zins, Sprecherin der AHS-Direktoren: „Ich nehme die Stimmung sehr unterschiedlich wahr: Ein Teil der Schüler und Schülerinnen ist mental gefestigt, kommt beim Lernstoff sehr gut voran und möchte keinen ,Corona-Stempel’ auf dem Maturazeugnis, der suggeriert, dass das eine geschenkte Prüfung war. Auf der anderen Seite leiden viele Jugendliche psychisch unter der Situation insgesamt und auch unter dem Leistungsdruck – trotz zahlreicher Fördermaßnahmen. Es gilt, alle in der Schule im Blick zu haben und bestmöglich zur Reifeprüfung zu begleiten.“
Ein Dilemma, das Bildungsminister Heinz Faßmann jetzt lösen muss. Er hat versprochen, dass er noch diese Woche ein Maßnahmenpaket vorstellt, wie es in Sachen Matura weitergeht. Auch ihm ist bewusst, dass der heurige Maturajahrgang seit einem Jahr keinen „normalen Unterricht“ mehr hatte, während es im vorigen Jahrgang nur zwei Monate waren.
Drei Säulen
Normalerweise besteht die Matura aus einer vorwissenschaftlichen Arbeit (an den AHS) bzw. der Diplomarbeit (an den BHS), der schriftlichen Klausur und den mündlichen Prüfungen. Nur wer die Abschlussklasse positiv abschließt, darf zur Prüfung antreten.
Corona-Matura
2020 wurden aufgrund der Pandemie die Prüfung verschoben und der Modus geändert: Mündliche Prüfungen waren nicht verpflichtend, die Maturanote setzte sich zu je 50 Prozent aus dem Abschlusszeugnis und der Reifeprüfung zusammen. Für die schriftlichen Prüfungen hatten die Schüler eine Stunde mehr Zeit.
Reifeprüfung 2021
Auch heuer gibt es eine verspätete Matura und mehr Zeit bei der Schriftlichen. Start istam 21. Mai mit der Deutsch-Matura. Was sich ändert, ist die Benotung: Damit nicht wie im vergangenen Jahr ein leeres Blatt abgegeben wird, müssen bei der Klausur mindestens 30 Prozent der Maximal-Punkte erreicht werden. Ansonsten gilt: 50 Prozent des Abschlusszeugnisses werden in die Maturanote eingerechnet. Zudem wird das Maturaergebnis im Zeugnis ausgewiesen.
Nur mündlich präsentieren
Nicht nur kleine Maßnahmen, sondern eine ganz neue Matura fordert jetzt eine Gruppe von Universitätslehrenden – und will eigentlich das Gegenteil von dem, was Schülervertreter wollen. Maria Kletecka-Pulker ist Sprecherin der Initiative „Matura Futura“ – die Namensähnlichkeit mit der Petition ist Zufall. Sie registriert, wie viele junge Menschen derzeit leiden: „Ihnen wird ja alles Positive gerade genommen, was Schule auch ausmacht: wie Sprachreisen oder Maturaball. Jetzt lernen sie für die Schule, aber nicht für das Leben. Dabei wäre soziales Lernen so wichtig. Sie sollten sich als jemand erleben, der seine Stärken ausleben kann.“
Das geschehe nicht, wenn man dieselbe Prüfung für alle mache. Die Prüfungsinhalte seien ja bereits in der Schule abgeprüft worden. „Wer die Tests nicht bestanden hat, darf nicht zur Matura antreten“, argumentiert Kletecka-Pulker. Ihr Vorschlag:: „Die vorwissenschaftliche Arbeit sollte bleiben, ebenso mündliche Prüfungen in zwei Fächern der Wahl. Zu zeigen, was man kann, gibt Selbstsicherheit. Die ist unabdingbar für das spätere Studium.“
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