Lebenserwartung könnte fünf bis sieben Jahre kürzer werden

Herzleiden: Nach starkem Anstieg könnte die Lebenserwartung wieder sinken
Herzfonds warnt zum 45-Jahr-Jubiläum seiner ersten Kampagne vor den negativen Folgen des heutigen Lebensstils.

Ältere KURIER-Leserinnen und Leser werden sich noch erinnern: Vor 45 Jahren, im Februar 1971, startete der Österreichische Herzfonds seine legendäre Kampagne "Schach dem Herztod". Damals ist noch fast jeder Dritte, der nach einem Infarkt ins Krankenkaus gekommen ist, gestorben. Heute sind es weniger als fünf Prozent der Patienten - ein wesentlicher Grund für den Anstieg der Lebenserwartung.

Anfang der 1970er Jahre lag die durchschnittliche Lebenserwartung bei knapp unter 70 Jahren. 2014 wurden die Österreicher im Durchschnitt bereits 81,7 Jahre alt. "Rund die Hälfte dieser gewonnenen Jahre gehen auf die Fortschritte der modernen Kardiologie zurück, das ist mehr als bei jedem anderen Fach der modernen Medizin", sagt der Kardiologe Univ.-Prof. Otmar Pachinger, Präsident des Österreichischen Herzfonds.

"Wir verlieren Lebensjahre"

Doch diese Erfolge durch die Aufklärung über die Gefahren eines Herzinfarkts und durch die Fortschritte in der Medizin sind zumindest teilweise gefährdet, warnte Donnerstag Herzfonds-Präsident Pachinger anlässlich des Jubiläums: "Wir laufen Gefahr, einen Teil dieser gewonnenen Lebensjahre durch einen ungesunden Lebensstil und dessen negative gesundheitlichen Auswirkungen wieder zu verlieren."

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Neuer Schwerpunkt: Übergewicht

Um hier gegenzusteuern hat sich der Herzfonds einen neuen Schwerpunkt gesetzt: "Dem um sich greifenden Übergewicht den Kampf anzusagen steht dabei ganz oben auf unserer Prioritätenliste."

Denn mehr als 20 Prozent der Jugendlichen seien bereits übergewichtig: "Wir müssen davon ausgehen, dass die Hälfte dieser übergewichtigen jungen Menschen fünf bis sieben Jahre früher sterben wird als die Generation ihrer Eltern."

Unter anderem hat der Herzfonds ein Pilotprojekt mit Schulen gestartet (EDDY-Studie), in dem 11- bis 14-Jährigen über zwei Semester eine altersgerechte Ernährungsschulung, eine medizinische und eine Bewegungsschulung erhielten. Ergebnis: Zu Projektende nahmen die Schülerinnen und Schüler deutlich weniger Fast-Food-Produkte zu sich, der Körperfettanteil der Jugendlichen war deutlich verringert.

Spenden für die Zukunft der Kinder

Um wissenschaftliche Forschungsprojekte wie das oben genannte unterstützen zu können, ist der Österreichische Herzfonds auf Spenden angewiesen, betont Georg Kraft-Kinz, Generaldirektor-Stellvertreter der RaiffeisenlandesbankWien und Finanzreferent des Österreichischen Herzfonds.

Investitionen in Aufklärung und Prävention hätten neben der "Wohlfühl-Rendite" - "Gutes tun macht glücklich, das ist wissenschaftlich erwiesen" - auch einen hohen volkswirtschaftlichen Nutzen. "Übergewichtige Jugendliche, die sich kaum bewegen, werden auch weniger Arbeitsleistung erbringen, öfter krank werden und unsere Pensionssysteme früher belasten. Nur wenn wir früh genug solche Einzahlungen auf die Gesundheits-Konten unserer Kinder leisten, können wir persönliches Leid und Schaden für die Allgemeinheit gleichermaßen verhindern."

Nähere Informationen zum Spenden: http://www.herzfonds.at/meine-spende.html

Modell St. Pölten

Eine Vorzeigemodell in Sachen Herzgesundheit ist St. Pölten – die Stadt will bis 2020 „Fittest City of Austria“ werden. 2013 wurden anlässlich des Weltherztages an 1200 St. Pöltnerinnen Fragebögen verschickt. 40 Prozent gaben an, erhöhte Cholesterinwerte zu haben, 28 Prozent klagten über zu hohen Blutdruck, die Hälfte litt unter Stressbelastungen. Als Reaktion darauf wurde ein umfangreiches Kursprogramm in den Bereichen Bewegung, Ernährung und Psyche zusammengestellt, erzählt Bürgermeister Matthias Stadler: Mehr als 12.000 Frauen haben seither eines der Angebote genützt.

"Bei der Prävention schleißig"

„Wir sind in Österreich bei der Prävention schleißig“, sagte auch der Diabetologe Univ.-Prof. Bernhard Ludvik von der Krankenanstalt Rudolfstiftung in Wien. Eine „Revolution“ gebe es aber bei der Therapie von Fettstoffwechselstörungen. Wenn cholesterinsenkende Statine nicht ausreichend wirken, könne jetzt mit Antikörpern, die alle zwei Wochen injiziert werden, das schädliche LDL-Cholesterin um weitere 65 Prozent reduziert werden.

Was die erste Herzfonds-Kampagne bewirkte

In den 60er Jahren stieg die Zahl der Patienten mit Herz-Kreislauferkrankungen ständig an. Aus diesem Grund stiftete der Österreichische Bankenverband 100.000 Schilllinge zur Errichtung des Österreichischen Herzfons.

Mit der Aktion "Schach dem Herztod" sollten einerseits die notwendigen Mittel für den Ankauf von Überwachungsmonitoren für Herzintensiv-Überwachungsstationen in mehr als 90 Krankenhäusern aufgebracht werden.

Gleichzeitig sollte das Verständnis für die Gefahren eines Herzinfarks geschaffen und Kurse zur Mund-zu-Mund-Beatmung und zur Herzmassage finanziert werden.

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