Genießen statt Kasteien

Genießer am Podium: KURIER-Gespräch mit Ingrid Amon, Michael Hufnagl, Gabriele Kuhn und Moderation Martina Salomon
Über absurde Diäten, falsches Fleisch, faden Salat und warum man sich bewusst ein Schnitzel gönnen sollte.

Eine Woche nichts als ein paar Ananas- und Papaya-Häppchen – nach Art der Hollywoodstars. Oder 15 Tage lang ausschließlich Suppe schlürfen – Ingrid Amon hat fast jede Diät ausprobiert. Fazit: Keine davon funktioniert. Wie die Stimmtrainerin und Autorin dennoch 25 Kilogramm abgenommen hat und ihr Gewicht seit 20 Jahren hält, erzählte sie beim KURIER-Gespräch "Einfach g’sund – Über Essen und Liebe" Donnerstagabend im Raiffeisen Forum in Wien.

Genießen statt Kasteien
KURIER-Gespräch mit Ingrid Amon, Michael Hufnagl, Gabriele Kuhn und Moderation Martina Salomon. Wien 26.02.2015

Amon berichtete, dass sie ihren Abnehm-Erfolg vor allem dem Prinzip des Genießens verdankt. "Ich habe das gegessen, was ich liebe, was mir bekommt. Man sollte herausfinden und wissen, was einem guttut. Und auch einmal das stehen lassen, was nicht schmeckt."

Wie man zu einem gesunden und besseren Leben kommt und die "5 L-Formel" – Leben, Laufen, Lernen, Lachen und Lieben – umsetzt, war vier Wochen lang das große Serienthema im KURIER. Was davon bleibt? Lebensart-Chefin und Autorin Gabriele Kuhn kommt aufs Essen zurück: "Gesund leben heißt für mich, mit Gespür zu genießen." Eine Einstellung, die in Zeiten der "Essen-to-Go"-Kultur in Vergessenheit gerät, kritisiert Amon. Apropos "Liebe": "Die Menschen sitzen abends nicht mehr gemeinsam an einem Tisch und essen." Danach würden sich aber speziell Kinder und Jugendliche sehnen, weil dieses Ritual Halt gibt und Gemeinschaftsgefühl vermittelt.

Genießen statt Kasteien
KURIER-Gespräch mit Ingrid Amon, Michael Hufnagl, Gabriele Kuhn und Moderation Martina Salomon. Wien 26.02.2015
Neben dem mangelnden Bewusstsein, dass Mahlzeiten sozial verbinden, haben viele Menschen verlernt, ihren Sättigungspunkt zu erkennen. Seit Amon auf ihre Ernährung achtet, hat sie sich angewöhnt, die ersten drei Bissen 30- bis 40-mal zu kauen. Davon wird sie schnell satt, und schärft ihren Geschmack. "Eine Semmel schmeckt wie ein Kleister, eine intensiv gekaute Nuss hingegen wunderbar."

"Warum polarisiert Essen so?", fragte die Moderatorin und stv. KURIER-Chefredakteurin Martina Salomon. Essen sei längst ein Lifestyle-Statement, so Kuhn: "Es ist ein stark emotional besetztes Thema. Menschen definieren sich über das, was sie essen."

Genuss-Fraktion

Genießen statt Kasteien
KURIER-Gespräch mit Ingrid Amon, Michael Hufnagl, Gabriele Kuhn und Moderation Martina Salomon. Wien 26.02.2015
So verwundert auch nicht die steigende Anzahl an Genuss-Fraktionen, wie Vegetarier, Rohköstler, Smoothie-Verehrer und Fleischliebhaber. Zu letzten Gruppe zählt sich Kolumnist Michael Hufnagl.

Mit Fleisch sozialisiert, kann er den Essens-Vorlieben seiner Frau – Dinkelstrudel und Grießkoch – nur wenig abgewinnen. Er berichtete amüsiert von ihren Versuchen, ihm Gemüse unterzujubeln und Sojagranulat-Sugo als Rind zu verkaufen. Fazit: "Unfassbar, geschmacklich war es aber okay." Warum etwas essen, was einem einfach nicht schmeckt? Ein lustlos zerkauter Blattsalat schont zwar die Figur, macht aber nicht glücklich. Das Schnitzel beim Wirt, das man sich einmal gönnt und genießt schon. "Die Dosis macht das Gift", meinte Kuhn.

Genießen statt Kasteien
KURIER-Gespräch mit Ingrid Amon, Michael Hufnagl, Gabriele Kuhn und Moderation Martina Salomon. Wien 26.02.2015

Es gilt den Mittelweg zu finden, auf deftige Kost, sollte ein Suppen-Tag folgen. Von Askese hält Salomon nichts, denn "der Körper braucht Substanz." Vor allem, um für altersbedingte Krankheiten gerüstet zu sein, die auszehren. "Wir müssen noch länger durchhalten. Essen ist Benzin für den Körper", sagte Amon.

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