Krebs: 70 Prozent der Patienten sollen lange überleben

T-Zellen attackieren eine Krebszelle.
Verbesserte Therapiechancen lassen Onkologen ein ambitioniertes Ziel formulieren: Die Zahl der Langzeit-Überlebenden soll deutlich erhöht werden.

Es ist ein ehrgeiziges, aber realistisches Ziel: Bis zum Jahr 2035 soll der Anteil der Patienten, die eine Krebserkrankung zehn Jahre überleben, auf 70 Prozent erhöht werden. Diese Ziel wurde jetzt in einer neuen "Charta der Rechte der Krebspatienten" festgeschrieben und im Online-Journal der Europäischen Gesellschaft für Medizinische Onkologie (ESMO) veröffentlicht.

"Für onkologische Patienten sind derzeit rund 6000 Medikamente in Entwicklung", sagt Christoph Zielinski, Koordinator des Comprehensive Cancer Center (CCC) von MedUni Wien und AKH Wien, anlässlich des Welt-Krebs-Tages am 4.2.. Dies bedeute eine enorme Herausforderung für die Forschung: Denn für jede Substanz muss in Studien der Nutzen der Therapie nachgewiesen werden. Dafür benötige es Spezialisten: "Und es müssen die innovativen Therapien für die Patienten auch erhältlich sein." Das ist in Österreich – trotz der hohen Kosten – der Fall. So kostet eine moderne Melanom-Therapie im ersten Jahr 200.000 Euro, die Behandlung von Dickdarmkrebs ist heute 500-mal so teuer wie zu den Zeiten der alleinigen Chemotherapie.

Krebs: 70 Prozent der Patienten sollen lange überleben

Hoher Zeitbedarf

"Vor 20 Jahren war eine Krebstherapie den Patienten schnell erklärt", sagt die Onkologin Gabriela Kornek, ärztliche Direktorin des Wiener AKH und Präsidentin der Initiative "Leben mit Krebs": "Heute haben wir Medikamente mit Wirkmechanismen, die im Detail nur die Spezialisten verstehen. Und auch die Nebenwirkungen sind andere geworden." Deshalb benötige aber auch die Aufklärung der Patienten viel mehr Zeit: "Zeit, die wir im Alltag oft nicht haben." Umfangreiche Infos gibt es auch beim Wiener Krebstag am 14.2. im Wiener Rathaus (siehe Textende).

Dank neuer Medikamente – die zielgerichtet die Vermehrung der Krebszellen blockieren oder das Immunsystem aktivieren – gebe es auch bei bisherigen "Stiefkindern" der Onkologie gewaltige Fortschritte, betont Manuela Schmidinger, Programmdirektorin für den Bereich Nierenzellkarzinome am Wiener AKH: Patienten mit Nierenzellkrebs leben in Österreich heute länger als in anderen EU-Staaten. Die durchschnittliche Überlebenszeit ist in den vergangenen zehn Jahren von 13 auf 75 Monate gestiegen.

Zielinski betont aber auch: "Natürlich ist Krebs nach wie vor eine Erkrankung, an der man stirbt." Es gebe mittlerweile "viele Tumoren, die wire gut verstehen, wo wir in der Therapie gut weitergekommen sind. Aber es gibt auch viele, wo uns dies noch nicht so gelungen ist."

Möglichkeit für Teilzeit kommt

Die verbesserten Heilungschancen bedeuten auch, dass mehr Patienten nach der Therapie ihre Arbeit wieder aufnehmen können, betont Paul Sevelda, Präsident der Österreichischen Krebshilfe. Bisher seien sie faktisch gezwungen worden, solange im Krankenstand zu bleiben, bis sie zu 100 Prozent einsatzfähig waren. Ab Juli gibt es – für in der Regel maximal sechs Monate – die Möglichkeit der "Wiedereingliederungsteilzeit". Stimmen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu, kann die Arbeitszeit zwischen 25 und 50 Prozent reduziert werden.

Der Verein "Leben mit Krebs" lädt am 14.2., zum Krebstag ins Wiener Rathaus ein. Vorträge von 10 bis 15 Uhr. Alle Infos dazu finden Sie hier.

Ist eine frühzeitige Krebsdiagnose aus dem Blut möglich? Das kalifornische Unternehmen „Grail“ kündigte bereits vor einem Jahr einen Bluttest zur Früherkennung von Krebs bei gesunden Menschen an. Experten sprechen von „liquid biopsy“ – „flüssiger Biopsie“. Für Krebszellen typische DNA-(Erbgut-) Schnipsel sollen dabei mit modernen Analysemethoden aufgespürt werden.

„Für die Möglichkeit einer Früherkennung gibt es bisher keine Daten“, sagt Peter Lichter vom Deutschen Krebsforschungszentrum. „Die Hypothese, die dieser Vision zugrunde liegt, muss zunächst einmal belegt werden.“ Allerdings gelinge es bereits im Rahmen von Studien, „bei Krebspatienten nach der Behandlung anhand des Nachweises von Tumor-DNA im Blut zu verfolgen, ob der Tumor wiederkehrt“.

Konsequenzen für die Therapie

Einen testweisen Einsatz im Rahmen von Studien gibt es an der MedUni Wien z.B. bei Lungenkrebspatienten mit einer bestimmten genetischen Veränderung ihrer Tumorzellen. Findet man im Blut spezielle DNA-Partikel, ist das ein früher Hinweis darauf, dass der Patient nicht mehr auf die Therapie anspricht und man das Medikament wechseln sollte. „Es geht darum, bei Krebspatienten aus diesen Analysen Konsequenzen für die Therapie zu ziehen“, sagt Christoph Zielinski. Ein Wiederanstieg von Tumor-DNA zeigt sich oft früher als andere Symptome für die Rückkehr der Erkrankung. „Routine ist das aber noch nicht“, so die Onkologin Gabriela Kornek, ärztliche Direktorin des Wiener AKH.

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