Neue Lehre an türkischen Schulen: Gott versus Darwin

"Die Erschaffung des Adam" von Michelangelo
Religiöse Hardliner zweiflen nicht nur an Darwins Evolutionstheorie, sie wollen sie einfach abschaffen.

Noch ist es ja „nur“ ein Vorschlag: Der türkische Bildungsminister Ismet Yilmaz kündigte an, dass – unter anderem -, die Evolutionstheorie von Charles Darwin gänzlich aus den Lehrplänen für Gymnasien gestrichen werden soll. Ein weiterer Schritt, um den Kreationismus im Glaubenssystem der Bürger zu etablieren. Dieser besagt, dass Gott es war, der den Menschen und alle Arten erschaffen hatte. Darwin hingegen war überzeugt, dass sämtliche Arten sowie der Mensch über Jahrtausende hinweg, nach und nach entstanden sind – das nannte er Evolution (von evolvere: sich entwickeln). Basis dafür: die natürliche Selektion, Darwin haben wir übrigens auch die Erkenntnis zu verdanken, dass der Mensch nicht von Adam und Eva abstammt, sondern mit den Affen gemeinsame Ahnen hat.

Kampf der Kulturen

Neue Lehre an türkischen Schulen: Gott versus Darwin
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Kreationismus versus Darwinismus ist ein „Clash of Cultures“, der nicht nur dem Islam vorbehalten ist (im Übrigen führt die türkische Regierung schon seit langem eine Art Feldzug gegen Darwins Evolutionstheorie). Im Gegenteil. Kreationismus ist immer und überall – ganz besonders in den USA, wo religiöse Hardliner zunehmend den Ton angeben. Darwins 150 Jahre alte Evolutionstheorie wird dort von fundamentalen Christen bekämpft. Einige davon sind überzeugt, dass ein „intelligenter Designer“ mit der Erschaffung der Welt, des Menschen und der Arten seinen großen Moment feiern wollte. Von der „Wissenschaft der Schöpfung“ ist die Rede – der Mensch ein Wunder, dessen perfekter Körper mit all seinen Mechanismen nur das Ergebnis eines genialen Wurfes sein könnte. Auf zahlreichen Webseiten wird diese Idee verkündet – in „Predigten“ runtergebetet, dass Gott es sei, der uns gemacht und für uns zuständig ist. In vielen Bundesstaaten tobt dazu ein Kulturkampf. Auch in Europa findet dieses Gedankengut immer mehr Anhänger – zwar noch nicht so organisiert wie in den USA, aber in kleinen Gruppierungen, als Subkultur. Und - das scheint bedenklich – in elitären Zirkeln mit entsprechender Macht, meist politischer Natur. Apropos: Prominentester Verfechter des Kreationismus ist Donald Trumps Vize Mike Pence, der noch im November des Vorjahres sagte: „Darwin ist doch nur eine Theorie“ und sich dafür stark machte, dass die Schöpfungsgeschichte in öffentlichen Schulen gelehrt wird. Er scheint davon überzeugt, dass die Welt gerade mal 10.000 Jahre alt ist, also noch sehr jung. Woran Kreationisten am Ende glauben, ist – je nach Auslegung – sehr unterschiedlich. Manche klammern sich an dem fest, was in der Bibel steht, andere denken sich alternative Geschichten aus. Alles, nur nicht Darwin – und vor allem mit dem Ziel, den Kreationismus maximal zu verbreiten. Deshalb soll er ja im Biologieunterricht seinen Fixplatz haben.

Pseudowissenschaft als Dogma

Klar könnte man jetzt sagen: Soll doch jeder glauben, was er will. Stimmt. Wenn manche Menschen aus religiösen Gründen und aus ihrer persönlichen Überzeugung heraus, lieber an die Idee einer Schöpfungsgeschichte glauben, so ist das ihre Privatsache. Heikel wird’s, wenn die Implementierung des Kreationismus missionarische bis zuweilen fanatische Züge annimmt und Fakten durch Glauben ersetzt werden – so sehr, dass dies Einzug in das Bildungssystem eines Landes hält und stattdessen Pseudowissenschaft als neues Dogma gelehrt wird. Die Trennung von Religion und Staat wird dadurch obsolet und Glaube als religiös-fundamentalistisch geprägtes Instrumentarium in der Bildungspolitik eingesetzt. Skepsis, Zweifel und Andersdenken nicht mehr erlaubt – das würde dann also auch für sämtliche Genetiker, Mikrobiologen oder Biomediziner gelten. Außerdem wird alles, was von der Schöpfung nicht vorgesehen ist – zum Beispiel Homosexualität – zum Abschuss freigegeben. Finstere Zeiten für Wissenschaft und Mensch.

Nur so: Die radikalsten Kreationisten, sogenannte „flat earthers“ und Verschwörungstheoretiker, sind davon überzeugt, dass die Erde eine Scheibe ist.

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