Jedes zweite Kind hatte bereits Kopfweh

Jedes zweite Kind hatte bereits Kopfweh
Seit den 70er-Jahren hat sich die Zahl der betroffenen Kinder mehr als verdoppelt. Eine mögliche Ursache könnte der Lebensstil sein.

Der Anstieg ist massiv. „Mitte der 1970er- Jahre gaben nur rund 14 Prozent der Kinder und Jugendlichen an, in den vergangenen sechs Monaten an Kopfschmerzen gelitten zu haben. Mittlerweile sagt das jedes zweite bis dritte Kind“, erzählt Univ.-Prof. Çiçek Wöber-Bingöl. Die Neurologin ist Gründerin und Leiterin der Kopfschmerzambulanz für Kinder und Jugendliche am AKH Wien / MedUni Wien. „Die Gründe wissen wir nicht. Wir können nur vermuten, dass Umwelt- und Stressfaktoren dafür verantwortlich sind.“ Kopfschmerz bei Kindern ist eines der Themen bei einem Internationalen Schmerzsymposium, das an diesem Wochenende in Wien stattfindet.

Von einer Migräne sind von den 3- bis 11-Jährigen unabhängig vom Geschlecht bis zu fünf Prozent betroffen, bis zum 18. Lebensjahr steigt der Prozentsatz bei den Burschen auf sieben und den Mädchen auf zwölf Prozent. „Ich habe immer wieder Buben an der Ambulanz, die sich schämen, über ihre Migräne-Attacken zu reden, weil es immer noch so viele Vorurteile gibt“, erzählt Wöber-Bingöl.

Anerkannte Auslöse-Faktoren für Migräne sind unter anderem Veränderungen im Schlaf-Wach-Rhythmus (zu wenig oder zu viel Schlaf), zu geringe Flüssigkeitszufuhr, eine verzögerte Einnahme oder das Auslassen von Mahlzeiten, Stress in der Schule, Konflikte in der Familie oder Ängste. Auch Teilleistungsschwächen (die sich z. B. beim Schreiben, Lesen, Rechnen äußern) können eine Rolle spielen.

 

Mythos

"Dass auch Schokolade oder Käse Migräne-Attacken auslösen, ist hingegen ein Mythos", betont Wöber-Bingöl. Heißhunger auf Schokolade sei oft ein Vorbote auf eine Attacke: "Die Attacke selbst hat dann aber nichts mit der Schokolade zu tun." Problematisch kann aber zu viel Koffein (Tein) von Kaffee und Tee sein: "Ich habe unzählige Kinder behandelt, bei denen sich durch einen übermäßiger Konsum von Eistee eine chronische Migräne entwickelt hat."

Die wichtigsten Tipps

Aufwachen "40 Minuten braucht das Hirn eines Menschen mit Migräne, um in der Früh den neuen Tag zu verdauen. So viel Zeit sollte also zwischen dem Aufstehen und dem Verlassen des Hauses liegen."

Schlafengehen Mindestens eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen sollten keine elektronischen Geräte (TV, Computer, Spielkonsole, Mobiltelefon) mehr benützt werden.

Ernährung Ausreichend trinken, schon der Früh, aber keinen Kaffee und keine Getränke mit grünem oder schwarzem Tee. Wichtig ist eine regelmäßige Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme.

Medikamente Im Volksschulalter bringen Medikamente überhaupt nichts: "Dazu sind die Attacken zu kurz", betont Wöber-Bingöl. "Meist hilft hinlegen und schlafen." Und auch später sollte man Schmerzmittel nur dann einsetzen, wenn alles andere versagt hat: "Ich habe schon zu viele medikamentenabhängige Kopfschmerzpatienten gesehen."

Entspannung Biofeedback, andere Entspannungstechniken und auch Akupunktur können ebenfalls die Zahl der Anfälle reduzieren – genauso wie ausreichende Pausen beim Lernen.
Wöber-Bingöl: "Bei 75 Prozent der Kinder ist es möglich, die Zahl der Attacken deutlich zu reduzieren – etwa von 3 bis 4 Attacken in der Woche auf eine in zwei Monaten."Die wichtigsten Tipps

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