Jeder Fünfte erkrankt an Depression

Jeder Fünfte erkrankt an Depression
Im Laufe des Lebens erkrankt jeder fünfte bis siebente Österreicher vorübergehend an einer Depression. Experten betonen, dass die Krankheit heute gut und wirksam behandelt werden kann.

900.000 Österreicher nehmen jährlich wegen psychischer Erkrankungen Leistungen der Krankenversicherungen in Anspruch, jeder fünfte bis siebente Österreicher erkrankt im Laufe seines Lebens an einer Depression, jedes Jahr sind es rund 500.000. Anlässlich des "Internationalen Tages der Seelischen Gesundheit" am 10. Oktober betonten Dienstag Experten in Wien, wie wichtig eine frühzeitige Therapie ist.

"Depressionen können heute gut und wirksam behandelt werden", so Hans Jörg Schelling, Vorsitzender des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger bei der Präsentation des neuen Hauptverbands-Buches "Von der Depression zur Lebensfreude". Deshalb handle es sich in der Regel auch nur um vorübergehende Krankheitsepisoden. Die Krankheit ist einerseits mit Medikamenten und / oder auch mit Psychotherapie behandelbar. Je schwerer die Erkrankung, umso wichtiger sind Medikamente, je chronischer der Verlauf, umso wichtiger ist die Psychotherapie. Häufig werden beide Behandlungsformen kombiniert.

Viele Irrtümer

"Der Begriff Depression wird heute häufig falsch verwendet", sagt Univ.-Prof. Johannes Wancata, Professor für Sozialpsychiatrie und Abteilungsvorstand der Klinischen Abteilung für Sozialpsychiatrie , AKH und MedUni Wien, Hauptautor des Buches. "Entweder stellt man sich darunter eine extrem schwere Erkrankung vor, die nur ganz wenige betrifft, was so nicht stimmt. Oder man spricht von einer 'Urlaubsdepression', wenn jemand in den ersten Urlaubstagen oft schlechter Stimmung ist, weil er den Übergang vom stressigen Alltag in die Ruhe noch nicht geschafft hat. Aber das ist auch falsch verwendet."

Eine Depression führe zu mehr Tagen mit eingeschränkter Arbeitsfähigkeit im Monat als andere Erkrankungen, so Wancata. Was oft auch nicht bekannt ist: Eine unbehandelte Depression erhöht auch das Risiko für andere Erkrankungen. Wancata: "Aus der internen Medizin ist bekannt, dass beispielsweise nach einem Herzinfarkt das Sterberisiko deutlich höher ist, wenn der Patient zusätzlich an einer Depression leidet."

Viele Jugendliche betroffen

Durch eine verbesserte Ausbildung der Ärzte für Allgemeinmedizin werden heute zwischen 55 und 70 Prozent aller psychischen Erkrankungen erkannt. Anders ist es bei den Jugendlichen: "Nur 20 Prozent der Jugendlichen zwischen 11 und 17 Jahren mit Depressionen oder Angst werden diagnostiziert und behandelt", sagte die Wiener Kinder- und Jugendpsychiaterin Claudia Klier.

Derzeit gibt es österreichweit zu wenige Psychiater mit Kassenvertrag, sagt der Chefarzt der Psychosozialen Dienste in Wien, Georg Psota. "In Wien sind es rund 20, das ist sicher zu wenig. Wir bräuchten deutlich mehr Psychiater." Vielfach ist es aber auch schwer, bestehende Kassenstellen zu besetzen, so der Psychiater Univ.-Prof. Karl Dantendorfer: "Vor allem in ländlichen Bereichen ist das der Fall."

Tipp

Am Welttag der psychischen Gesundheit veranstaltet der Österreichische Arbeitskreis für Gruppentherapie und Gruppendynamik einen Tag der offenen Tür:
Donnerstag, 10.10.2013 von 15.00 bis 21.00 Uhr
1080 Wien, Lenaugasse 3

Eine telefonische Terminvereinbarung für diese kostenlosen Informationsgespräche vermeidet Wartezeiten.

Voranmeldungen unter: 01/405 39 93 – DW 26 (Frau Fellner) oder per Mail bis Mittwoch, 9.10.2013, 16:00 Uhr. Nähere Infos unter www.oeagg.at

So wie der Begriff der Depression oft falsch verwendet wird,
kursieren auch immer wieder falsche Meinungen und Vorstellungen
über die Ursachen und die Behandlung von Depressionen. Im neu erschienenen Buch "Von der Depression zur Lebensfreude" (Univ.-Prof. Dr. Johannes Wancata, Verlagsreihe der Sozialversicherungsträger des Hauptverbandes, MedMedia Verlag, 24,90 €) klären die Autoren auch die häufigsten Irrtümer zum Thema Depression auf.


„Jemand, der eine Depression hat, muss sich nur zusammenreißen – das heißt, er sollte sich nicht so gehen lassen.“
Falsch. Wenn jemand unter einer Depression leidet, fehlt
oft der Elan, die innere Energie. Selbst kleinste Tätigkeiten
kosten dann enorm viel Kraft. Einem depressiven
Menschen zu raten, er solle sich zusammenreißen, ist völlig
sinnlos und führt häufig nur zu einer Überforderung.
Phrasen wie „positiv denken“ vermitteln dem Kranken
lediglich, dass man ihn nicht versteht.

„Nur labile Personen bekommen eine Depression.“
Depression hat nicht das Geringste mit Schwäche
oder mangelnder innerlicher Festigkeit zu tun, sondern
ist eine Erkrankung, die durch vielfältige Faktoren
ausgelöst werden kann.

„Wer eine Depression bekommt, ist selber daran schuld.“
Bei vielen Menschen, die eine Depression entwickeln,
finden sich keine äußeren Ursachen. Bei der Entstehung
von Depressionen spielen biochemische Prozesse
im Gehirn eine wichtige Rolle.

„Wenn man niedergeschlagen ist, kann man sich nur
selber helfen.“

Eine seelische Erkrankung braucht eine professionelle
Behandlung. Es ist enorm wichtig, sich fachliche
Hilfe zu holen.

„Die meisten Menschen mit Depressionen simulieren
nur. Sie täuschen eine Krankheit vor.“

Im Gegenteil! Depression ist eine sehr ernst zu
nehmende Krankheit, die oft mit schwer wiegenden Folgen
und Komplikationen einhergeht. So sterben Menschen mit
Depressionen zum Beispiel einige Jahre früher als jene, die
nicht unter Depressionen leiden.

„Wer in einer schlechten Beziehung lebt, wird depressiv.“
Die Beziehung zum Partner oder zu anderen Menschen
ist nicht an der Erkrankung schuld. Die Familie ist
vielmehr selbst sehr belastet, wenn in ihrer Mitte jemand
unter Depressionen leidet. Viele Angehörige versuchen
dem Kranken zu helfen, sind aber in ihren Bemühungen
oft erfolglos, weil sich eine Krankheit nicht durch Bemühen
behandeln lässt.

„Depressionen sind ein typisches Zeichen unserer Zivilisation.“
Depressionen kommen in allen Weltregionen, allen Kulturen und seit Menschengedenken vor. Depression wird inzwischen jedoch häufiger als Krankheit erkannt.

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