Je teurer die Zigaretten, desto mehr hören auf zu rauchen

Österreich ist Schlusslicht bei Maßnahmen gegen das Rauchen.
Studie der MedUni Wien kommt zu dem Ergebnis: Eine jährliche Preiserhöhung um fünf Prozent soll viele Vorteile bringen.

Es sind mathematische Spielereien – aber sie zeigen die Größenordnung auf, um die es gehen kann. Ein 40-Jähriger, der seit dem 18. Lebensjahr täglich ein Zigarettenpackerl raucht, könnte heute um den dafür ausgegebenen Betrag einen BMW i3 fahren. Oder, wenn er heute mit dem Rauchen aufhört, in einem Jahr mit dem bis dahin ersparten Geld für eine Woche in ein günstiges Quartier auf die Seychellen fliegen.

Je teurer die Zigaretten, desto mehr hören auf zu rauchen
Dr. Michael Kunze
Alleine solche Rechenbeispiele sind für manche ein Anreiz, ihr Rauchverhalten zu überdenken. "Vor 30 Jahren waren wir unter den ersten, die nachgewiesen haben, dass eine Preiserhöhung von nur einem Prozent den Konsum um 0,5 Prozent senkt", sagt der Sozialmediziner Univ.-Prof. Michael Kunze von der MedUni Wien anlässlich des Weltnichtrauchertages am 31.5.

Eine neue Analyse des Diplomanden Richard Felsinger unter der Ägide von Kunze hat die globale Preispolitik zwischen 1997 und 2015 analysiert – und die Ergebnisse von damals bestätigt. Heute geht der Konsum bei einer Preiserhöhung von Tabak um 1 Prozent sogar um 0,69 Prozent zurück.

"Bei einer Preiserhöhung um fünf Prozent sinkt der Konsum also um rund 3,5 Prozent: "Der Rückgang des Konsums ist also geringer als der Preisanstieg – deshalb schadet eine solche Erhöhung dem Finanzminister nicht und den Trafikanten schon gar nicht."

Und eine jährliche Preiserhöhung um fünf Prozent wäre auch nicht so hoch, als dass sie den Schmuggel stark antreiben würde.

Wenig Angebote

Österreich ist in einer internationalen Übersicht bei den Maßnahmen zur Eindämmung des Nikotinkonsums nach wie vor Schlusslicht, kritisieren die Österreichischen Lungenärzte (Gesellschaft für Pneumologie).

Lesen Sie bitte unterhalb der Info-Grafik weiter

Je teurer die Zigaretten, desto mehr hören auf zu rauchen
grafik. Foto: iStock

Ein Grund für das schlechte Abschneiden: "Es gibt zu wenig Angebote für aufhörwillige Raucher", sagt die Klinische Psychologin Sophie Meingassner vom Rauchfrei Telefon (siehe auch Zusatzgeschichte): Niedergelassene Ärzte können nur in Ausnahmefällen eine Beratung zum Rauchausstieg auf Kassenkosten durchführen.

"Wenn ein Arzt ganz klar sagt: ,Ich empfehle Ihnen, mit dem Rauchen aufzuhören‘, erhöht das die Erfolgschancen", betont die Psychologin.

Spricht ein Arzt das Thema hingegen nicht an, interpretieren das viele als Duldung dieses Verhaltens, erklärt Meingassner: "Die Betroffenen denken sich dann: ,Mein Arzt hat nichts gesagt – also wird es egal sein, ob ich weiterrauche oder nicht ...‘"

Um Patienten die Hemmschwelle des Anrufens zu nehmen, gibt es für Ärzte und andere Gesundheitsberufe ein neu überarbeitetes Zuweisungskonzept: Sie können ihre Patienten (deren Zustimmung vorausgesetzt) beim Rauchfrei Telefon anmelden – eine Psychologin ruft die Betroffenen dann an: "Dieses Service hat vielen schon sehr geholfen."

200 bis 300 Anrufe im Monat verzeichnete das „Rauchfrei Telefon“ – früher. Seit vergangenem Sommer ist das anders: „Seither befindet sich die Telefonnummer auf jeder Zigarettenpackung. Und seither ist die Zahl der monatlichen Anrufer auf rund 1000 angestiegen“, sagt die Leiterin des Angebots, die Klinische und Gesundheitspsychologin Sophie Meingassner. Mit sechs Kolleginnen berät sie Aufhörwillige. Nur rund zehn Prozent der anrufenden Raucher haben noch nie einen Stoppversuch unternommen.

Aggressive Anrufe (Motto: „Was soll das?“) gebe es praktisch keine mehr. „Es gibt immer noch bei vielen den Mythos, ,ich muss es alleine schaffen, nur dann zählt es‘“, berichtet Meingassner. „Aber nur ein bis zwei von zehn Rauchern schaffen es langfristig, ohne Hilfe aufzuhören. Mit Unterstützungsangeboten wie unserer Beratung und Begleitung verdoppelt sich die Erfolgsquote.“

Je teurer die Zigaretten, desto mehr hören auf zu rauchen
Logo Rauchfrei-Telefon
In der Regel besteht eine solche Beratung aus sechs bis sieben Telefongesprächen. „Wir rufen am ersten rauchfreien Tag ebenso an wie in den Tagen danach – vielen helfen die Gespräche.“ Oft werden die Symptome der körperlichen Abhängigkeit – etwa Schwitzen, Nervosität, Gereiztheit – unterschätzt: „Das ist nur eine kurze Phase. Aber wenn man gut darauf vorbereitet ist, kommt man leichter durch sie hindurch.“

Das „Rauchfrei Telefon“ wird von der NÖ Gebietskrankenkasse betrieben und ist eine Initiative von 25 Partnern – neben den Sozialversicherungsträgern auch alle Länder und das Gesundheitsministerium.

Information:
Das Rauchfrei Telefon ist unter 0800 810 013 Mo. bis Fr. von 10 bis 18 Uhr gebührenfrei erreichbar. Die Beratung ist kostenlos.

Ein Informationspaket und Links zur „Rauchfrei App“ gibt es online unter www.rauchfrei.at

Kommentare