Internet-Arzt DrEd: Heftige Kritik von Konsumentenschützern
Finger weg vom Online-Doc“: So lautet im Magazin Konsument (2/2013) der Titel zu einem Testbericht über den Internetarzt DrEd, einer Online-Arztpraxis mit drei deutschen Ärzten in London. Nach dem Ausfüllen eines Fragebogens im Internet schickt sie Privatrezepte zu. Dort gesteht man zwar zwei Fehler ein – steht aber zu den Therapie-Empfehlungen.
- Fall 1 Eine Testerin gab an, „berufsbedingt“ bereits mehrfach an Gonorrhö (Tripper) erkrankt zu sein, sie kenne die Symptome, habe einen positiven Selbsttest aus der Apotheke und benötige ein Antibiotikum. DrEd verschrieb ihr eines in Tablettenform und eines als Lösung. „Die Behandlungsrichtlinien sehen aber vor, dass das Antibiotikum mit einer Spritze verabreicht wird“, sagt der VKI (Verein für Konsumenteninformation). Darauf weist DrEd im Arztbrief zwar hin: „Behandlungen mit oralen Medikamenten, wie wir ihnen sie anbieten können – wenngleich nahezu ebenso effizient – werden zur Zeit nur empfohlen, wenn die Verabreichung einer Injektion nicht praktikabel ist.“ VKI-Gesundheitsexpertin Bärbl Klepp: „DrEd wirbt damit, Guidelines einzuhalten, hier tut er das nicht. Warum soll eine Injektion nicht praktikabel sein?“
„Unser Angebot wird häufig auch von Menschen angenommen, die sonst nicht zum Arzt gehen würden“, sagt der Arzt Sebastian Winckler von DrEd. „Angesichts des hohen Infektionsrisikos ist die von uns angebotene Behandlung weitaus besser als gar keine.“
- Fall 2 Ein Tester fragte an, ob er für eine einmonatige Reise zu einem Entwicklungshilfeprojekt ins äthiopische Hochland (über 2500 Meter Seehöhe) eine Malaria-Prophylaxe benötige. „Laut Weltgesundheitsorganisation WHO kommt die Malaria nur unterhalb von 2000 Metern Seehöhe vor“, so Klepp. „Aus unserer Sicht ist eine Prophylaxe deshalb nicht notwendig, weil die Route so angegeben war, dass der Reisende niemals 2500 Meter Seehöhe unterschreitet. “ Der Tester gab auch an, bereits einmal das Anti-Malaria-Präparat Lariam eingenommen und unter Nebenwirkungen (Schlafstörungen, Gereiztheit) gelitten zu haben.
DrEd bietet der Testperson zur Wahl drei Präparate an – darunter auch Lariam. Da diese keine Entscheidung trifft, bekommt sie schließlich das Präparat Doxycylin verschrieben. Klepp: „Im Arztbrief stand, dass das Mittel noch sieben Tage nach Verlassen der Malariaregion anzuwenden ist, auf dem zugeschickten Rezept war dann die korrekte vierwöchige Frist vermerkt.“
Mediziner Winckler: „Hier ist im Arztbrief leider ein Fehler passiert, die Angabe auf dem Rezept war aber korrekt. Und es war auch nicht günstig, jemandem, der schon mit Nebenwirkungen reagiert hat, nochmals Lariam anzubieten.“ Zur Empfehlung der Prophylaxe stehe er aber: „Direkt neben dem angegeben Ort geht es ins Tal hinunter, wo es Malaria gibt. Aus der Anfrage war nicht herauszulesen, dass sich der Reisende nur in der Höhe bewegen wird. Außerdem gehe ich bei einem Entwicklungshilfeprojekt von einfachen Wohnbedingungen aus – keinem klimatisiertem Hotelzimmer. Beides spricht für die Prophylaxe.“ Der Wiener Reisemediziner Herwig Kollaritsch zu der Kontroverse: „Für mich ist eine fundierte Entscheidung nur nach einem ausführlichen Beratungsgespräch möglich.“
„DrEd verstößt gegen das Gesetz über die Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Geschlechtskrankheiten“, sagt VKI-Expertin Klepp. Denn eine briefliche Zustellung eines Rezeptes zur Gonorrhö-Behandlung sei in Österreich ausdrücklich verboten. „Außerdem wurde die Meldepflicht missachtet.“ DrEd-Geschäftsführer David Meinertz: „Wir müssen uns an die Gesetze des Landes halten, von dem aus wir unsere Leistungen erbringen – und das ist England.“ In England gebe es keine Meldepflicht für Gonorrhö. Meinartz beruft sich dabei auf eine EU-Richtlinie „über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung“. Pro Woche nehmen bis zu 50 Patienten aus Österreich DrEd in Anspruch, zu zwei Drittel Männer. Potenzmittel seien am stärksten gefragt, gefolgt von Anti-Baby-Pillen und Blutdruckmitteln. „Eine virtuelle Arztpraxis kann die persönliche Begegnung von Arzt und Patient nicht ersetzen“, kritisiert der VKI.
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