"Goldenes Brett vorm Kopf" an "Wunderheiler" Ryke Geerd Hamer

Für den "größten antiwissenschaftlichen Unfug des Jahres"

Der ehemalige deutsche Arzt und Erfinder der "Neuen Germanischen Medizin", Ryke Geerd Hamer, erhält das "Goldene Brett vorm Kopf" für den "größten antiwissenschaftlichen Unfug des Jahres". Er verbinde "gefährliche medizinische Ansichten mit wirren antisemitischen Verschwörungstheorien", heißt es in der Begründung der Gesellschaft zur Wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP).

Mit ihren am Dienstagabend parallel in Wien und Hamburg verliehenen Satirepreisen "ehrt" die GWUP jährlich Personen oder Institutionen, "die esoterische oder unwissenschaftliche Behauptungen verbreiten und sich durch eine ganz besondere Resistenz gegenüber wissenschaftlichen Fakten ausgezeichnet haben". Neben Hamer in der engeren Auswahl waren heuer noch der Kabarettist und Neo-Parteigründer Roland Düringer für sein Kokettieren mit Verschwörungstheorien und das deutsche Krebszentrum Brüggen-Bracht für das Anbieten "100 Prozent biologischer" Krebstherapien, die "frei von chemischen Giften" sind.

Auch Hamer punktete bei den Juroren mit seinen Ansichten über Krebs, den er für eine "Krankheit der Seele" und ein "sinnvolles biologisches Sonderprogramm" hält. Umgekehrt würden Behandlungsmethoden wie Chemotherapie oder die chirurgische Entfernung von Tumoren abgelehnt. "Weder der Entzug der Approbation als Arzt noch Haftstrafen konnten ihn bisher davon abhalten, seine wissenschaftlich haltlosen Ideen weiter zu verbreiten. Als Basis für seine Behauptungen dient nicht etwa wissenschaftliche Forschung, er beruft sich stattdessen auf angebliche übersinnliche Botschaften, übermittelt durch seinen verstorbenen Sohn."

"Fall Olivia"

Hamer wurde in Österreich 1995 durch den "Fall Olivia" bekannt, als er den Eltern einer damals sechsjährigen krebskranken Patientin von einer schulmedizinischen Behandlung ihrer Tochter abgeraten hatte. Sie flüchteten mit dem Kind nach Spanien, um die Chemotherapie zu verhindern. Nach der Rückkehr nach Österreich wurde Olivia schulmedizinisch mit Operation und Chemotherapie behandelt und letztlich geheilt.

Für die GWUP zeigt Hamer "sehr deutlich, wie gefährlich Pseudowissenschaft sein kann. Wer selbsternannten Wunderheilern vertraut, setzt möglicherweise sein Leben aufs Spiel. Esoterik und Pseudomedizin als harmlosen Unfug zu verharmlosen, wäre daher ein schwerer Fehler." Außerdem sei er auch noch "ein eindrucksvolles Beispiel für Kritikresistenz". "In der Wissenschaft ist es entscheidend, die eigene Überzeugung immer wieder zu überdenken und gegebenenfalls anzupassen. In der Pseudowissenschaft hingegen hat man es oft mit unverrückbaren Dogmen zu tun."

Das "Goldene Brett fürs Lebenswerk" geht heuer an das "Zentrum der Gesundheit". Die Website stelle sich zwar als neutrale Informationsplattform dar. "Tatsächlich werden dort jedoch pseudomedizinische Thesen vertreten, Angst geschürt und Verschwörungstheorien eine Plattform geboten." Im umfangreichen Shop gebe es Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika, "und passenderweise tauchen Links zu den einzelnen Produkten direkt neben den entsprechenden pseudo-redaktionellen Beiträgen auf".

In den Vorjahren wurden von der GWUP etwa die Organisation "Homöopathen ohne Grenzen" für den Einsatz von Homöopathie in Krisengebieten oder der Sänger Xavier Naidoo für sein Engagement für die "Reichsbürgerbewegung" "ausgezeichnet". Bei der Preisvergabe spielen unter anderem der "Grad der Abwegigkeit" der vertretenen Theorien, die Kritikresistenz der Personen bzw. Organisationen und deren kommerzielles Interesse eine Rolle. Außerdem wird bewertet, inwieweit para- oder pseudowissenschaftliche Theorien ausdrücklich als Wissenschaft ausgegeben und inwieweit Gesundheit oder das politisch-gesellschaftliche Gefüge gefährdet werden.

Kommentare