Wie finde ich Sinn in der Arbeit?

Kollage eines Kopfes, der vermischte Gefühle zeigt.
Ob Arbeit als sinnvoll erfahren wird, hängt davon ab, was getan wird, wie es getan wird, wofür und warum, sagt Psychologin Prof. Dr. Tatjana Schnell.

Wir verbringen den Großteil unseres Lebens mit Arbeit. Dass diese Zeit als sinnvoll erlebt wird, ist keineswegs selbstverständlich. Eine Studie befragte Erwerbstätige in 37 Ländern, ob ihre Arbeit für sie bedeutsam und sinnvoll sei. In Europa stimmten dem im Durchschnitt 53 Prozent zu. In Österreich war die Zustimmung mit 40 Prozent am geringsten. 

Was kann man tun?

Ob Arbeit als sinnvoll erfahren wird, hängt davon ab, was getan wird, wie es getan wird, wofür und warum. Es geht also nicht nur um technische, sondern auch um grundlegende Fragen. Organisationen sollten sie für sich selbst beantworten können, um von ihren Beschäftigten diesbezüglich ernst genommen zu werden. Als Angestellte können wir nach diesem Sinn suchen, ihn aber nicht „machen“. Er zeigt sich nicht automatisch, wenn ein Unternehmen sich einen „Purpose“ auf die Website schreibt, oder eine Führungskraft ihn verordnet. Vielmehr entsteht er, wenn Erfahrungen von Bedeutsamkeit, Kohärenz, Orientierung und Zugehörigkeit möglich sind.

Bedeutsamkeit wird erfahrbar, wenn ich merke, dass meine Tätigkeit einen positiven Nutzen für andere hat. Oft ist dieser vorhanden, ohne dass es mir bewusst ist. Eine gute Reflexionsfrage lautet: Was würde fehlen, wenn diese Arbeit nicht getan würde? Erfahrungen von Bedeutsamkeit gehen zunehmend verloren, wenn Effizienz, Quantität oder Profit im Vordergrund stehen und das, worum es eigentlich geht, in den Hintergrund rückt: Etwa wenn ich als Lehrkraft nur noch einen Lehrplan abarbeite, aber den Bezug zu den Schülern verliere, oder wenn in der Firma die Zahl der Kundenaufträge wichtiger ist als die Qualität des Produkts. In dem Fall ist es Zeit für strukturelle Veränderungen!

Kohärenz besteht, wenn ich mit meinen Eigenschaften, Fähigkeiten, Interessen und Werten an der richtigen Stelle bin. Ich sollte weder unter- noch überfordert sein; mein Job sollte mich insoweit interessieren, dass er mich aktiviert und zum Dranbleiben motiviert – und er sollte meinen Werten nicht widersprechen. Überlegen Sie: Fühlt sich meine Arbeit für mich stimmig an? Gibt es Momente, wo ich in einen Flow gerate?

Orientierung – heute sagt man gern Purpose – entsteht, wenn Organisationen ein klares Leitbild haben, das sowohl intern als auch extern authentisch vertreten wird. Klafft eine Lücke zwischen dem, was nach außen vorgegeben wird, und dem tatsächlichen Handeln, hat dies Auswirkungen auf Beschäftigte. Mehrere Studien haben gezeigt, dass die Wahrnehmung fehlender Integrität im Management dazu führt, dass Beschäftigte sich innerlich zurückziehen und berufliches Sinnerleben sinkt. Wo Purpose aber gelebt wird, ist er eine große Triebkraft. Laut Forschung ist die besonders stark, wenn Beschäftigte merken: Meine Arbeit hat einen Wert für das Gemeinwohl. Woran orientiert sich Ihre Arbeit? Sind Sie stolz auf das, was Sie tun?

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Zugehörigkeit heißt: Ich werde als Mensch und als Fachkraft ernstgenommen und wertgeschätzt. Meine Sicht der Dinge zählt; ich erlebe Vertrauen, Mitgefühl und Solidarität – von Kolleginnen und Kollegen ebenso wie von Führungskräften. Die Erfahrung, Teil einer Gemeinschaft zu sein, motiviert. Und sie ist ein Grund dafür, dass wir gern zur Arbeit gehen – denn gemeinsam macht vieles einfach mehr Spaß! Wann haben Sie das letzte Mal gedacht: Wir sind ein klasse Team?

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