Seine These stützt Nowotny im Wesentlichen auf zwei Fakten: „Die Anzahl der Neuinfektionen ist bereits seit drei Wochen auf sehr niedrigem Niveau stabil.“ Außerdem werde das Coronavirus im Sommer weiter schwächeln, sodass wir davon ausgehen könnten, „dass im Herbst nur mehr sehr wenig Virus innerhalb der österreichischen Bevölkerung zirkulieren wird“. Ein Freibrief zur Sorglosigkeit ist dieser Befund aber keineswegs: „Es gilt weiterhin für uns ebenso wie für die Behörden, wachsam zu sein.“
Noch nicht am Ziel
Die Maskenpflicht in Geschäften, in Lokalen und öffentlichen Verkehrsmitteln hält Norbert Nowotny weiter für unabdingbar: „Wenn wir achtsam bleiben und noch gut einen Monat lang durchhalten, haben wir gute Chancen, dem Coronavirus endgültig keine Chance zur weiteren Ausbreitung zu bieten. Und dann können wir pünktlich zum Sommerbeginn die Masken endlich weglegen.“
Noch sei man in Österreich aber nicht am Ziel. Daher appelliert der Virologe an jeden Einzelnen: „Bitte halten Sie noch durch und weiterhin ausreichend Abstand.“ Annäherungen zur vorgerückten Stunde in zunehmend alkoholisiertem Zustand seien zu vermeiden. Auch solle jeder, der Atemwegsbeschwerden verspürt, umgehend 1450 anrufen. Husten, Kurzatmigkeit, Atembeschwerden mit oder ohne Fieber – diese Symptome soll man ernst nehmen. „Umso mehr als die Saison für die Grippe und für grippale Infekte vorüber ist.“
Keine Ausrottung
Weiterhin Umsicht fordert Norbert Nowotny auch von den Behörden: „Dass die Infektion von drei Kindergärtnerinnen zu keiner gefährlichen Clusterbildung geführt hat, das war großartig.“ Punkto Postverteilzentren äußert der Virologe Kritik: „Bei der doch hohen Anzahl an Infizierten frage ich mich schon, ob das nicht schon früher auffallen hätte müssen.“ In der Pflicht wären übrigens nicht nur Betroffene und deren Kollegen, sondern auch deren Arbeitgeber.
Gute Nachrichten hat der Experte indes für die Tourismuswirtschaft und Menschen, die gerne ihren Sommerurlaub am Meer verbringen möchten: „Sollten die Zahlen in den schwer betroffenen europäischen Ländern in ein paar Wochen ein ähnlich gutes Niveau erreichen wie in Mitteleuropa, dann steht auch einem Urlaub in Italien, Spanien oder Frankreich nichts mehr im Weg.“ Auch gegen die komplette Öffnung der Grenze zu Deutschland am 15 Juni spreche aus seiner Sicht im Moment nichts mehr.
Welchen Einfluss der Tourismus auf die Virus-Ausbreitung hat, ist vielen Experten zufolge aber noch nicht exakt abzuschätzen. Spätestens im Winter werden zudem mehr Menschen in geschlossenen Räumen aufeinandertreffen. Manche fürchten u.a. dadurch eine zweite Welle. Norbert Nowotny argumentiert hingegen: „Wir können SARS-CoV-2 nicht ausrotten, es wird uns vermutlich wie ein saisonales Grippevirus begleiten.“
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