Essen für den guten Schlaf: Was Käse mit Albträumen zu tun hat

Schlechter Schlaf nach dem Konsum von Milchprodukten: Eine Laktoseintoleranz könnte verantwortlich sein, meinen Forschende.
Ein Glas warme Milch mit Honig gilt als Garant für sanftes Einschlummern. Eine neue Studie lässt zumindest teilweise an dem Effekt zweifeln: In der Untersuchung konnten Wissenschafterinnen und Wissenschafter der kanadischen Universität Montreal zeigen, dass der übermäßige Verzehr von Milchprodukten den Schlaf stören kann.
Was hat es damit auf sich?
Man befragte mehr als 1.000 Studierende zu der Qualität ihres Schlafs und ihren Essgewohnheiten – und fand einen ausgeprägten Zusammenhang zwischen Albträumen und Laktoseintoleranz. Denkbar sei, dass körperliche Vorgänge, etwa Bauchschmerzen oder Blähungen, das Auftreten und die Intensität von Albträumen verstärken, so die Fachleute im Journal Frontiers in Psychology.
Geräusche und Schmerzen als Treiber von Albträumen
Wie es zu Trauminhalten kommt, ist seit vielen Jahren Gegenstand der Forschung. "Inzwischen geht man jedenfalls davon aus, dass Träume nicht ausschließlich vorm Gehirn generiert werden, sondern dass auch sensorische Stimuli des Körpers oder aus der Umgebung sie beeinflussen", sagt Ambra Stefani, stellvertretende Leiterin des Zentrums für Schlafmedizin an der Uniklinik für Neurologie an der Medizinischen Universität Innsbruck.
So wird auf Basis verfügbarer Studiendaten, in die sich nun auch die kanadische Erhebung einreiht, etwa vermutet, dass insbesondere Geräusche in Träume eingebaut werden. Auch physische Empfindungen wie beispielsweise Schmerzen können sich im Geträumten spiegeln.
Bedeutung der Essgewohnheiten in der Schlafmedizin schwierig zu untersuchen
Der retrospektive Blick auf unruhige Nächte im Konnex mit Essgewohnheiten ist laut Anna Heidbreder, Schlafmedizinerin und stellvertretende Leiterin der Uniklinik für Neurologie des Kepler-Universitätsklinikums Linz, interessant, "aber wissenschaftlich wahnsinnig schwierig zu untersuchen." Das Problem mit solchen Studien ist, "dass sie sehr komplex zu designen sind, weil es unendlich viele Einflussfaktoren gibt. Man kann die Wirkung einzelner Nahrungsmittel kaum herausdestillieren, weil wir alle einen Mix aus Fett, Eiweiß und Kohlenhydraten bzw. Glukose zu uns nehmen".
Um diese Schwierigkeiten zu umgehen, "werden in manchen Untersuchungen zusätzlich Nahrungsmittel gegeben, oder man lässt die Probandinnen und Probanden Nahrung mit hohem glykämischen Index essen, die einen schnellen und starken Anstieg des Blutzuckerspiegels verursachen", schildert die Expertin.
Allgemein habe sich ein starker Einfluss des Alters gezeigt: So sei eine Ernährung mit hohem glykämischen Index bei jungen Menschen eher mit verbessertem Schlaf verbunden. "Frauen nach der Menopause reagieren hingegen gegenteilig", sagt Heidbreder.
Schon am Morgen den Grundstein für guten Nachtschlaf legen
Interessante Erkenntnisse gab es jüngst zur Bedeutung des Essenszeitpunkts: "Man vermutet nun, dass es günstig ist, zwei bis drei Stunden nach dem Aufstehen und zwei bis drei Stunden vor dem Zubettgehen Nahrung aufzunehmen", sagt Stefani. Wobei sich hier individuelle Unterschiede je nach Chronotyp, ob man also eher Nacht- oder Morgenmensch ist, ergeben können.
Dass die Grundlage von gutem Schlaf schon in den Morgenstunden gelegt wird, bestätigt Heidbreder. In einer Studie mit japanischen Studierenden konnten Forschende vor einigen Jahren zeigen, dass ein tryptophanreiches Frühstück den Nachtschlaf fördert. Tryptophan ist eine Aminosäure, aus der im Körper das Glücks- und Wachhormon Serotonin gebildet wird. Enthalten ist sie in Datteln, Bananen, Fleisch, Milchprodukten, Fisch, Nüssen, bestimmten Getreidesorten wie Dinkel und Amarant sowie Sojabohnen. "Die Studie aus Japan zeigt schön, wie wichtig es ist, beim Thema Schlaf die Perspektive auf den ganzen Tag auszuweiten", sagt Heidbreder. "Wenn ich die Wachheit am Tag fördere, tue ich etwas für meinen Schlaf und umgekehrt."
Große Mengen an Nahrung unmittelbar vor dem Zubettgehen zu sich zu nehmen, sei laut den Expertinnen jedenfalls kontraproduktiv. "Schwere Mahlzeiten und beispielsweise auch hoch verarbeitete Lebensmittel sind extrem ungünstig, weil unser Magen-Darm-Trakt dadurch stark aktiviert wird", präzisiert Heidbreder. "Außerdem kommt der Energieschub über die Nahrung zur falschen Zeit und führt zu einem Blutzuckerhoch, wo gar keines benötigt wird." Leichte Kost sei rein physiologisch in den Abendstunden sinnvoller.
Koffein und die Psyche spielen auch mit
Vielfach unterschätzt wird laut Heidbreder die Auswirkung von Koffein: "Zum einen wären viele erstaunt, wo überall Koffein enthalten ist, neben Kaffee auch in Tee oder Kakao. Und zum anderen haben Energydrinks inzwischen eine übermächtige Präsenz in Supermärkten und im Alltag vieler Menschen – und enthalten hohe Mengen davon."
Dass die ebenfalls tryptophanhaltige Milch als Schlummerhilfe gepriesen wird, hat laut Fachleuten übrigens eher psychologische Hintergründe. Viele verbinden warme, süße Milch mit Kindheitserinnerungen, die Wohlgefühle und damit Entspannung auslösen – hilfreiche Zustände, wenn es ums Einschlafen geht.
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