Nach Herzinfarkt: TCM-Naturheilmittel kann Gesundheit verbessern

Nach Herzinfarkt: TCM-Naturheilmittel kann Gesundheit verbessern
Eine seit Jahrtausenden verbreitete Rezeptur zeigte in einer großen Studie signifikante Effekte. Ihre Bestandteile sind allerdings gewöhnungsbedürftig.

Viele Behandlungsmethoden der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) sind umstritten oder werden als pseudowissenschaftlich abgetan. Eine große Studie, die an 124 klinischen Zentren in ganz China durchgeführt wurde, zeigt nun jedoch Effekte für ein bestimmtes Mittel. Die Rezeptur "Tongxinluo" kann demnach die Zahl schwerer Herzkreislauf-Ereignisse nach einem Herzinfarkt senken. Die Ergebnisse wurden jetzt im Fachjournal Jama veröffentlicht (hier nachzulesen).

Das Besondere: Die Studie erfüllt die Kriterien der Evidenz-basierten Medizin – das ist für Studien zu einzelnen Mitteln der TCM selten.
 

Untersucht wurden 3.777 Patientinnen und Patienten mit sogenanntem ST-Hebungsinfarkt (kurz STEMI). Von einem ST-Hebungsinfarkt spricht man, wenn ein Herzkranzgefäß plötzlich vollständig blockiert wird. Am EKG zeigt sich das durch die Hebung der ST-Linie – das ist eine Linie, die normalerweise gerade ist, dann jedoch nach oben verschoben wird.

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Kapseln mit jahrtausendealter Rezeptur

Das Durchschnittsalter der Teilnehmerinnen und Teilnehmer betrug 61 Jahre, 77 Prozent waren Männer. Die Studienteilnehmer wurden über einen Zeitraum von zwölf Monaten untersucht, wobei eine Gruppe zusätzlich zu leitliniengerechten Behandlungen Tongxinluo erhielt, die zweite Gruppe erhielt zusätzlich zur schulmedizinischen Behandlung ein Placebo. Das Mittel mit jahrtausendealter Rezeptur erhielten die Teilnehmer in Form von Kapseln. Die Wirksamkeit von Tongxinluo wurde einmal nach 30 Tagen und einmal nach einem Jahr beurteilt.

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Das Ergebnis: Bei jenen, die Tongxinluo einnahmen, stellten die Forscher sowohl nach 30 Tagen bis hin zu einem Jahr eine deutliche Verbesserung ihres Gesundheitszustandes fest. Sie hatten deutlich seltener Folgeerkrankungen durch den Herzinfarkt, es kam seltener zu weiteren kardiovaskulären Ereignissen wie etwa einem erneuten Herzinfarkt oder Herzversagen. Auch in der Placebo-Gruppe kam es im ersten Jahr nach dem Herzinfarkt relativ selten zu schweren unerwünschten kardialen Ereignissen. In der Gruppe, die Tongxinluo erhielt, waren sie allerdings seltener.

Kakerlaken, Blutegeln: Gewöhnungsbedürftige Inhaltsstoffe

Die Inhaltsstoffe des Naturheilmittels sind aus westlicher Sicht gewöhnungsbedürftig. Es wird aus Pulvern und Extrakten von Pflanzen und Insekten hergestellt. Insgesamt sind es sieben pflanzliche Stoffe, etwa aus dem Wurzelextrakt der weißen Pfingstrose. Dieser wird Paeoniflorin genannt und ist ein Hauptwirkstoff in der TCM. Paeoniflorin wird etwa zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt und Arteriosklerose eingesetzt. Ebenfalls enthalten ist Ginsenosid, ein Extrakt aus der Ginseng-Wurzel.

Aber auch fünf tierische Produkte, darunter getrocknete Körper von Kakerlaken, Blutegeln, Skorpionen, Tausendfüßlern und Zikaden, machen Tongxinluo aus.

Die Bezeichnung Tongxinluo heißt übersetzt "das Netzwerk des Herzens öffnen". Wie genau die Inhaltsstoffe auf die Herzgesundheit wirken, ist unklar. Die einzelnen Komponenten der Substanzen machen es schwierig die Wirkweise festzustellen.

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Westliche Fachgesellschaften bleiben wahrscheinlich skeptisch

Bereits frühere kleine Studien zeigten ein Potenzial für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die aktuelle Studie ist nun aber die erste größere zu Tongxinluo. In China ist die Substanz seit 1996 unter anderem zur Behandlung von Angina pectoris zugelassen.

Laut deutschem Ärzteblatt dürften westliche Fachgesellschaften dennoch skeptisch bleiben. Einerseits, weil die Studie ausschließlich in China durchgeführt wurde und unklar ist, ob die Effekte auch bei westlichen Patienten zu erwarten sind. Zum anderen sei die Verträglichkeit problematisch. Insbesondere, wenn Patienten die genaue Zusammensetzung des Mittels erfahren.

Es gibt aber auch ein Positivbeispiel: Der Wirkstoff Artemisinin, der heute zur Behandlung von Malaria verwendet wird, stammt ebenfalls aus der TCM. Artemisinin wird aus einer Heilpflanze, dem einjährigen Beifuß, gewonnen.

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