Tattoofarben in der EU: Oft falsch etikettiert und teils mit verbotenen Substanzen
Tattoofarben gehen – im wahrsten Sinne des Wortes – unter die Haut. Deswegen ist es besonders wichtig, dass verwendete Substanzen für den Menschen ungefährlich sind.
Die EU hat hier in den vergangenen Jahren diverse Schritte gesetzt: Seit 2022 unterliegen viele Chemikalien in Tattoofarben in der gesamten Europäischen Union den Beschränkungen durch die sogenannte REACH-Verordnung (REACH steht für Registration, Evaluation, Authorization and Restriction of Chemicals). Auf der Bannliste stehen an die 4.000 Substanzen. Viele von ihnen sind aus Sicht der EU potenziell gefährlich oder nicht ausreichend erforscht. Seit vergangenem Jahr ist auch die Nutzung bestimmter blauer (Pigment Blue 15:3) und grüner (Pigment Green 8) Farbpigmente untersagt.
Tätowierfarben sind teils falsch etikettiert und enthalten teils verbotene Inhaltsstoffe
Eine Analyse der New Yorker Binghamton University zeigt nun: Viele in der EU verwendete Produkte enthalten Inhaltsstoffe, die nicht auf dem Etikett angeführt sind – einige auch solche, die verboten sind.
Chemiker John Swierk hat sich zusammen mit seinem Team zehn grüne und blaue Farben von fünf verschiedenen Herstellern angesehen, die auf dem europäischen Markt vertrieben werden und alle angeben, REACH-konform zu sein.
Die Studie lieferte zwei wesentliche Ergebnisse:
Nahezu alle Farben (neun von zehn) entsprachen nicht den REACH-Vorschriften. In einigen Fällen waren lediglich nicht alle Bestandteile aufgelistet. Bei vier Tinten lag es daran, dass sie Stoffe enthielten, die ausdrücklich verboten sind.
Die Analyse der Farben legte auch weitreichendere Problemfelder offen: So würden gängige Analysemethoden undifferenzierte Ergebnisse liefern. Die zentrale Methode zur Untersuchung der Materialeigenschaften von Tattoofarben ist die Raman-Spektroskopie. Da nicht alle Versionen, die Forschenden sprechen von "Strukturen", blauer Tattoopigmente verboten sind, müsste bei der Produktherstellung vorab getestet werden, ob man auch die gesetzlich erlaubten verwendet. Gängige Untersuchungsverfahren seien aber nicht in der Lage, die Varianten voneinander zu unterscheiden. Was laut den Forschenden bedeute, dass Hersteller schlicht keine praktische Möglichkeit haben, zu ergründen, ob sie die richtige Version des blauen Pigments verwenden. Das Verbot von Pigment Blue 15 sei in der derzeitigen Fassung demnach nicht durchsetzbar ist.
Vorausgegangen waren den Forschungen Tests mit in den USA erhältlichen Tätowiertinten: 45 von 54 geprüften Farben stimmten von der Zusammensetzung her nicht mit den auf dem Etikett angegebenen Inhaltsstoffen überein.
"Recht darauf, zu wissen, was in der Tinte enthalten ist"
Die Ergebnisse lassen keine Aussagen über die Sicherheit von Tätowierungen an sich zu, betont Swierk in einer Aussendung zur Studie. Sie seien aber ein wesentlicher Puzzlestein in der Frage nach der Sicherheit dieser. Bei der Herstellung müssten jedenfalls strengere Standards eingehalten werden.
"Wenn wir nicht wissen, was in einer Flasche Tätowierfarbe enthalten ist, können wir auch nicht herausfinden, was kurz- oder langfristig zu unerwünschten Ereignissen führen könnte, sei es eine allergische Reaktion oder etwas Ernsthafteres."
Man sei, auch das ist Swierk wichtig zu betonen, nicht per se gegen das Tätowieren, "wir glauben nur, dass Kunden und Künstler ein Recht darauf haben, zu wissen, was in der Tinte enthalten ist, die sie verwenden".
Das Studie wurde in der Zeitschrift Analyst veröffentlicht und kann hier nachgelesen werden.
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